Beim Kinderschutz gibt es keine Kompromisse. Und es geht dabei nicht nur um sexualisierte Gewalt.
Sexualisierte Handlungen von Erwachsenen mit Kindern gehen gar nicht und unter keinen Umständen – das dürfte inzwischen allen klar sein und ist ein erfreulicher Fortschritt in der Debatte. Dazu gehört auch die Einsicht, dass Organisationen, in denen Kinder sich bewegen, deren Sicherheit garantieren müssen. Und das nicht nur mit wohlfeilen Bekenntnissen, sondern mit konkreten und strukturell verankerten Maßnahmen.
Auch das Evangelische Stadtdekanat Frankfurt hat voriges Jahr die verschiedenen Maßnahmen zu einem einheitlichen Kinderschutzkonzept gebündelt. Nicht nur alle evangelischen Einrichtungen in Frankfurt wie Jugendhäuser und Kitas, sondern auch alle Gemeinden, die Kinder- und Jugendarbeit anbieten, haben nun offizielle Kinderschutzbeauftragte. Jeder Erwachsene, der mit Kindern arbeitet, bis zur ehrenamtlichen Flötenkreisleiterin, muss ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Und es gibt klare Leitlinien dafür, was zu tun ist, wenn der Verdacht besteht, dass das Wohl eines Kindes gefährdet sein könnte.
Viel Aufwand, der manchen vielleicht übertrieben erscheint. Aber er sei vollkommen angemessen, betont Prodekan Holger Kamlah. Auch wenn es für manche Gemeinden vielleicht unangenehm sein mag, dass sie von langgedienten Ehrenamtlichen nun plötzlich ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen müssen. Aber jeder Fall von sexualisierter Gewalt ist eben einer zuviel. „Außerdem hat das Kinderschutzkonzept einen viel breiteren Ansatz“, betont Kamlah.
Das bestätigt auch Frank Daxler vom Evangelischen Stadtjugendpfarramt, der die Gemeinden bei der Umsetzung des Kinderschutzkonzeptes unterstützt. „Viel häufiger als mit sexuellem Missbrauch haben wir mit Fällen von Vernachlässigung oder Armut zu tun“, sagt er. Die Hinweise darauf seien oft subtil. Aber wenn Kinder im Winter zu dünne Schuhen und Jacken tragen oder häufig hungrig sind, müsse man genauer hinschauen.
Das Kindeswohl ist eine komplexe Angelegenheit, die sich selten mit pauschalen Maßnahmen regeln lässt. Heikel ist zum Beispiel die Frage, wann das Jugendamt eingeschaltet werden soll. Für die Verantwortlichen in den Gruppen ist es eine Entlastung, zu wissen, wen sie in welchem Fall informieren müssen, und mit wem sie sich besprechen können.
Auch in Bezug auf Nähe und Distanz zwischen Kindern und Vertrauenspersonen gilt es, sensibel zu sein. „Wir warnen hier auch vor Hysterie“, sagt Stadtjugendpfarrer Christian Schulte. „Wenn man sich nicht mehr anfassen darf, ist das der falsche Weg.“ Kinder hätten unterschiedliche Bedürfnisse. Manche sitzen gerne bei Erwachsenen auf dem Schoß. „Es kommt darauf an, die Kinder zu stärken. Sie müssen wissen, dass sie jederzeit Nein sagen dürfen, und dass es Menschen gibt, denen sie ihre Sorgen anvertrauen können.“ Egal worum es geht.