Zugespielt ... - Kolleginnen und Kollegen im Porträt

Ich fliege nicht gerne

Bettina Janotta leitet seit 2008 den Kirchlichen Sozialdienst für Passagiere am Frankfurter Flughafen und hilft dort in Not geratenen Menschen.

Bettina Janotta / Foto: Rolf Oeser
Bettina Janotta / Foto: Rolf Oeser


Was ist Kirchlicher Sozialdienst am Flughafen?

Janotta: Bei uns stranden Menschen, die auf ihrer Flugreise in eine Notlage geraten sind, denen Unerwartetes passiert. Von Opfern betrügerischer Banden, die gefälschte Flug­tickets verkauft haben, bis hin zu psychisch erkrankten Menschen, die um die Welt reisen. Die Bandbreite ist groß und vielfältig. Aktuell versorgen wir sehr viele Kriegsflüchtlinge, die wir an zuständige Stellen in Frankfurt und Hessen weiterlotsen. Die Prämisse unserer Arbeit ist immer „Hilfe zur Selbsthilfe“. Wir unterstützen die Hilfesuchenden, kontaktieren Konsulate, checken Einreisebedingungen möglicher Ziele, geben mal einen Kaffee und ein Stück Schokolade raus. Und ganz wichtig: wir sprechen mit den Menschen, die oft verzweifelt sind.

Warum braucht man dieses Angebot?

Janotta: Einen solchen kirchlichen Sozialdienst gibt es in dieser Form nur noch am Flughafen in München. Weltweit wüsste ich keine Einrichtung, die unserer gleicht. Der Frankfurter Flughafen ist mit 70.000 Menschen, die hier beschäftigt sind, und den bis zu 200.000 Passagieren täglich, eine Kleinstadt. Zudem ein Drehkreuz der Welt. Jede Stadt braucht Sozialarbeit. Hier gibt es Probleme wie überall auch. Sie konzentrieren sich allerdings – und das ist die Besonderheit – auf das Reisen.

Sind Sie Feministin?

Janotta: Ja. Immer wieder abzuklopfen, wie die Situation für Frauen ist, kann nie falsch sein. Das lässt sich aber mit Ruhe und Gelassenheit beobachten, ich bin nicht kämpferisch. Wichtig ist, im entscheidenden Moment aktiv zu werden und Entwicklungen und Missstände aufzuzeigen.

Würden Sie gerne auswandern?

Janotta: Nein oder wenn, dann maximal an die Ostsee. Ich fühle mich im Rhein-Main-Gebiet sehr wohl und bin hier irgendwie auch verwurzelt. Es gibt für mich keinen Grund, auszuwandern. Zudem schrecken mich die Fälle, die ich hier im Sozialdienst erlebe, ab. Spätestens wenn Krankheiten ins Leben treten, sieht es im Ausland mit einer guten Gesundheitsversorgung schlecht aus.

Wohnin würden Sie gerne fliegen?

Janotta: Ich fliege nicht gerne. Da bin ich sehr bodenständig. Zudem spielt für mich der Umweltaspekt eine Rolle. Ein Urlaub an der Ostsee macht mich sehr glücklich und zufrieden.

Dann vielleicht ganz der Phantasie hingegeben: Gibt es ein Land, das sie gerne mal bereisen würden?

Janotta: Ja, sicher. Südostasien würde mich interessieren, Laos, Thailand, Vietnam. Vor allem die Landschaft, aber auch die andere Religion und Kultur. Ich bin gerne in der Natur. An den Wochenenden setzte ich mich gerne aufs Fahrrad oder ich buddle in meinem Garten. Diese, meine Art der Meditation brauche ich als Ausgleich für meinen fordernden Beruf.

Was ist Ihr größter Wunsch?

Janotta: Das ist einfach: Frieden. Meine Eltern waren Kriegsflüchtlinge und meine Mutter war im Exil, in Frankfurt, nie wirklich glücklich, heimisch oder gar verwurzelt. Seine Heimat verlassen zu müssen, ist hart. Auch das muss ich hier am Flughafen immer wieder erleben.


Autorin

Angela Wolf 122 Artikel

Angela Wolf ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Sie wurde 1978 in Aschaffenburg geboren. Heute lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie Soziologie, Politikwissenschaften und Psychoanalyse studierte.