Ich bin ein Spätentwickler
Wie kamen Sie nach Frankfurt?
Während meiner Ausbildung zum Verlagsbuchhändler. Die Buchhändlerschule war in Seckbach, unterhalb des Lohrbergs. Das war das Erste, was ich von Frankfurt kennenlernte. Es war eine tolle Zeit und eine sehr gute Berufsschule.
Wie ging es weiter?
Ich habe Geschichte und Kunstgeschichte in Tübingen studiert. Gearbeitet habe ich anschließend beim Verlag Klett-Cotta, dann bei Suhrkamp in Frankfurt. Es folgten weitere Stationen und Weiterbildungen. Schließlich habe ich mich selbstständig gemacht und 1998 ein Beratungsinstitut gegründet. Ich bin heute 70 Jahre alt und im besten Berateralter. Ich bin halt ein Spätentwickler (lacht).
Was ist Ihre Stärke als Berater?
Ich bin der Meinung, dass Mediation und auch Organisationsentwicklung und erst recht Coaching nicht schwer und belastend sein müssen, sondern sich ein stimmiger Prozess auch immer durch seine Leichtigkeit zeigt. Ich konzentriere mich gern auf die positive Kraft bei Veränderungsprozessen. Ich freue mich, wenn Gemeinden sich beim Bilden der Nachbarschaftsräume Unterstützung wünschen.
Ihre größte Herausforderung?
Ich bin drei Monate mit mir allein wandernd unterwegs gewesen. Obwohl – nicht ganz allein. Ich hatte meine im Hintergrund schlummernde Depression dabei. Die freundliche Auseinandersetzung mit diesem mentalen Teil von mir, der mich im Grunde mein Leben lang begleitet, war mir wichtig. Das „Auf-dem-Weg-mit-mir-selbst-sein“ war meine Absicht. Regenschutz und Verpflegung neben Lese- und Schreibstoff hatte ich im Rucksack. Ich wollte aus dem Gartentor raus und los. Die Himmelsrichtung war klar, denn ich hatte mich mit meiner Frau in drei Monaten am westlichsten Punkt der Bretagne verabredet. Geschlafen habe ich oft im Wald. Wo das nicht ging, habe ich mir von unterwegs ein Bett gesucht. Die ganze Wanderung war eine wichtige und wunderbare Erfahrung. Und das Verhältnis zu meiner Begleitung habe ich geklärt.
Hatten Sie Erfahrung mit Wildcampen?
Ja, meine Frau und ich waren früher oft mit Zelt im Rucksack unterwegs. Zum Beispiel in Schottland. Wir haben draußen bei Wind und Wetter geschlafen. Zu essen hatten wir immer für etwa zehn Tage dabei, Wasser gibt es in Schottland genug. Das ist eine herrliche Erfahrung. Draußen sein, in Bewegung sein, morgens aufwachen und in die Bäume, die Landschaft schauen, das ist für mich Glück.
Was macht Sie noch glücklich?
Ich singe! Erst 15 Jahre lang im Chor. Danach habe ich solistisch angefangen, gemeinsam mit einer Pianistin: Jazz Standards und Chansons. Der nächste Auftritt ist am 10. November in der Gustav-Adolf-Kirche in Offenbach-Bürgel.
Verraten Sie noch, wer Želimir ist?
Želimir ist ein serbischer Männername. Es bedeutet: der den Frieden will, also Wilfried. Želimir ist mein Alter Ego als Clown. Ich habe spät noch eine zweijährige Clowns-Ausbildung gemacht. Želimir macht Kleinkunst, manchmal darf er aber auch bei der Organisationsberatung mitwirken.