Wie steht es um die Medienkompetenz von Jugendlichen?
Wissenschaftliche Studien zur Medienkritik Jugendlicher gebe es kaum, sagte der Erziehungswissenschaftler Julian Ernst in seinem Referat. Er schreibt das der enormen Bandbreite der zu berücksichtigenden Faktoren zu, die sich in Studien gar nicht abfragen lassen. Anders ist das mit Hass im Internet. Im Rahmen eines EU-Projekts, das die Medienkritikfähigkeit junger Menschen ausloten und Präventionsinstrumente gegen die Effekte extremistischer Propaganda erarbeiten sollte, hat Ernst unter anderem mit Kameras die Reaktionen von 17- bis 19-Jährigen auf Hasskommentare aufgezeichnet. Hasskommentare riefen bei ihnen „ein mulmiges Gefühl hervor, das sie nicht konkret benennen konnten“. Dennoch hätten sie allerlei „Mutmaßungen über Motive, Identität und Erfahrungen des Hassautors angestellt“. Die Jugendlichen hätten sich also durchaus analytisch und reflektierend mit dem Hassautor und seinen Botschaften befasst.
Jugendliche seien jedenfalls reflektierter, als viele Erwachsene meinen, die sich oft von einer flapsigen Jugendsprache täuschen lassen, sagte Ernst. „Man kann auch mit Worten wie Kanake oder Pipimann ernsthaft reflektieren.“ Allerdings sei es schwer, die Medienkritikfähigkeit von Jugendlichen abschließend zu beurteilen.
Stina Kjellgren, Studienleiterin für Europa und Jugend der Evangelischen Akademie, verwies auf eine Studie, wonach bei der Mediennutzung der 12- bis 19-Jährigen überraschenderweise der prozentuale Anteil derer, die Bücher lesen, mit 40 Prozent gleich geblieben ist wie vor 20 Jahren, obwohl sich die tägliche Internetnutzung von 2007 bis 2017 mehr als verdoppelt hat, nämlich von 106 auf 221 Minuten. Laut der Studie erfolgt der Internetzugang heute meist via Smartphone, das praktisch alle Jugendlichen nutzen. 1998 besaßen dagegen gerade mal acht Prozent ein Handy.
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