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Weihnachtsbotschaft 2023 von Stadtdekan Holger Kamlah

Gedanken zur Jahreslosung 2024 „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe" aus dem 1. Paulusbrief an die Gemeinde in Korinth und Hinweise auf Angebote im Bahnhof und im Bahnhofsviertel zu Weihnachten.


„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Dieser Wunsch steht über dem neuen Jahr 2024. Er ist die Jahreslosung, entnommen aus dem 1. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth. Wie sähe die Welt aus, wenn Liebe das Hauptmotiv aller Handlungen wäre? Wenn zumindest jede und jeder sich fragen würde, ob das eigene Tun auch dem anderen nützt.

Viele Menschen handeln genau aus diesem Geist heraus. Unsere Geschichte ist bis in die Gegenwart hinein durchdrungen von Personen, die nicht nur den eigenen Vorteil suchen, sondern auch das Wohl ihrer Mitmenschen im Blick haben, manchmal sogar über weite Distanzen und Kontinente hinweg.

Viele treibt dabei die religiöse und philosophische Idee der Nächstenliebe an. Sie folgen darin Grundsätzen ihres Glaubens, sei er christlich, jüdisch, muslimisch, buddhistisch oder einer anderen Religion zugehörig. Andere fühlen sich dem Humanismus verpflichtet. Wieder andere orientieren sich schlicht am Vorbild ihrer Oma.

Einige Personen treten aus dem Schatten der Geschichte heraus. Sie bleiben als Vorbilder in der Erinnerung und motivieren zu guten Taten. Nelson Mandela, Mutter Teresa, Oskar Schindler und viele weitere. Andere Wohltäter bleiben ungenannt, obwohl ihr Handeln ebenso wichtig war.

Doch wir wissen: Eine Welt, die von Nächstenliebe bestimmt ist, bleibt eine Utopie. Gerade im Augenblick scheint der Weltlauf vor allem von Hass und Gewalt geprägt. Der Krieg in der Ukraine geht bald in das dritte Jahr. Die Menschen sind ausgelaugt, gefangen in einem Albtraum, der kein Ende nimmt. Die Aggression Vladimir Putins und seiner Getreuen wird fortbestehen.

Der Konflikt im Nahen Osten eskaliert, ausgelöst durch den grausamen Terror der Hamas. Die Opfer in Israel, die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen sind schlimmem Leid ausgesetzt. Und auch hier scheint eine Lösung jenseits von Gewalt derzeit nicht absehbar. Die letzten Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind aus Mali abgezogen, aber nicht, weil dort nun sicherer Friede herrschen würde.

Auch in unserem Land geht es oft friedlos zu. Femizide, die Tötung von Frauen als geschlechtsspezifische Form extremer Gewalt, gibt es auch in Deutschland. Erschütternd war unlängst der anlasslose Gewaltexzess eines Jugendlichen in Darmstadt, der einen obdachlosen Mann tottrat. Große Sorgen bereiten mir die politischen Spannungen, die unsere Gesellschaft zunehmend prägen.

Werden die Wählerinnen und Wähler bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr Parteien ihre Stimme geben, die klar unterscheiden zwischen „wir“ und „die“, die schon lange Hass in ihren Reden und auf Social Media verbreiten, die rassistische und antisemitische Positionen vertreten und in Teilen erwiesen rechtsextrem sind?

In den Kirchengemeinden und den diakonischen Einrichtungen bemühen wir uns, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft im Blick zu haben. Wir wollen unser Gemeinwesen bewahren als freiheitlich-rechtsstaatliche Demokratie, die bestimmt wird durch unser Grundgesetz. Wir wollen daran mitwirken, dass der Sozialstaat erhalten bleibt, dass Respekt und Toleranz keine Worthülsen sind.

Die Bahnhofsmission ist ein Ort, in dem Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen Hilfe finden. Die Mitarbeitenden helfen Reisenden mit Handicap beim Umsteigen von einem Zug in den anderen. Sie sind Anlaufstelle für Personen, die auf der Flucht in Frankfurt ankommen und erste Orientierung suchen. Und sie bietet Menschen ohne festen Wohnsitz einen Ort, um sich aufzuwärmen, zu duschen und zu stärken.

Auf dem Querbahnsteig im Frankfurter Hauptbahnhof in Höhe der Gleise 9 und 10 wird es an Heiligabend ab 12.30 Uhr festlich. Dann wird dort zusammen mit der Bahnhofsmission ein ökumenischer Weihnachtsgottesdienst gefeiert. Eingeladen sind Reisende, die Bewohnerinnen und Bewohner des Bahnhofsviertels sowie alle Interessierten.

Eine gute Tradition ist die Lange Nacht an Heilig Abend in der Weißfrauendiakoniekirche. Vom Weihnachtsgottesdienst an Heiligabend um 18 Uhr bis zum Weihnachtsfrühstück am Ersten Weihnachtfeiertag bis 10 Uhr ist die Kirche geöffnet. Wärme, Essen, Musik und Gemeinschaft bieten die Mitarbeitenden den Besucherinnen und Besuchern, die die Heilige Nacht dort verbringen wollen.

Zwei „Weihnachtsschlaglichter“, die zeigen, was unsere ca. 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und etwa 700 Ehrenamtliche in den rund 200 Einrichtungen des Evangelischen Regionalverbands Frankfurt und Offenbach sowie in den uns verbundenen Vereinen und Gesellschaften anbieten. Diese vielen Personen wollen ihren Beitrag dazu leisten, dass Menschen in Frankfurt und Offenbach Hilfe, Unterstützung, Zuwendung und Halt finden.

Damit handeln sie aus meiner Sicht im Sinne der biblischen Botschaft der Nächstenliebe. Für das große soziale Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bin ich sehr dankbar. Aber auch für die vielen Kooperationen, die wir mit engagierten Menschen in Frankfurt und Offenbach erleben. Dabei ist es im Beruf sowie im Privatleben nicht immer möglich, aus Liebe zu handeln. Manchmal bestimmen andere menschliche Emotionen das Handeln.

Das ist auch Gott nicht entgangen. Deswegen sandte er Jesus Christus. Jesus war erfüllt von Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Jedem Menschen hat er sich zugewandt und ihm seine Aufmerksamkeit und Hilfe geschenkt, auch und gerade denen, die von der Gesellschaft keine Aufmerksamkeit oder gar Verachtung bekamen.

So wurde Jesus zu einem Fixpunkt für unsere Hoffnung. An ihm orientieren sich seit rund 2.000 Jahren Menschen. An Weihnachten feiern wir diese Liebe Gottes. Ich hoffe und bete, dass im Jahr 2024 Hass und Gewalt zurückgedrängt werden und der Respekt und die Fürsorge für die Mitmenschen mehr und mehr die Oberhand gewinnen. Das mag eine Utopie sein. Ich werde an dieser Utopie unbedingt festhalten.


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Holger Kamlah 1 Artikel

Holger Kamlah ist Stadtdekan der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach.