„Weg mit ihnen“ – Ausstellung über Luthers Hetze gegen die Juden
Antisemitismus ist wieder – oder immer noch – ein echtes Problem in Deutschland. Das hat zuletzt der misslungene Umgang mit dem Thema auf der Documenta in Kassel gezeigt. Eine echte inhaltliche Debatte mit den verantwortlichen Künstler:innen fand dort nicht statt. Eher gab es die Tendenz, das Thema den „Anderen“ zuzuweisen: In Indonesien, woher das kuratierende Kollektiv stammte, werde das eben anders gesehen, hieß es, oder auch: Die besonderen deutschen Befindlichkeiten wären nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Antisemitismus ist aber ein globales Phänomen, und was in Deutschland falsch ist, kann anderswo nicht richtig sein. Tatsache ist: Der Hass auf alles Jüdische hat sehr alte Wurzeln und ist eng mit der europäisch-christlichen Kulturgeschichte verbunden.
Auch der Begründer der evangelischen Kirche, Martin Luther, war daran maßgeblich beteiligt. Davon kann man sich derzeit im Frankfurter Bibelmuseum überzeugen, wo am 5. September die Ausstellung „Drum weg mit ihnen! Luthers Sündenfall gegen die Juden“ zu sehen ist. Sie wird bis zum 30. November gezeigt.
Am Anfang der Reformation hat Luther durchaus noch wohlwollend über „die Juden“ gesprochen und ihnen zugutegehalten, dass Jesus Jude gewesen sei. Der junge Luther setzte sich auch dafür ein, Jüdinnen und Juden im Sinne christlicher Nächstenliebe zu behandeln – allerdings nicht aus Respekt gegenüber der jüdischen Religion und Lebensweise, sondern weil er hofte, sie so zum Christentum zu bekehren.
Weil die Jüdinnen und Juden aber bei ihrem „Unglauben“ und ihrer „Halsstarrigkeit“ blieben, schlug Luther später andere Töne an. In der Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ von 1541, als die Reformation schon weitgehend etabliert war, nennt er sie „rechte Teufel“. Er empfiehlt, Synagogen zu verbrennen, jüdische Wohnhäuser zu zerstören, Rabbinern die Lehre zu verbieten sowie jüdische Menschen Zwangsarbeit verrichten zu lassen. Außerdem tritt Luther für eine Ghettoisierung ein, die ihnen „Geleit und Straße“ verbietet.
In der Ausstellung ist auch zu sehen, wie Luthers Antisemitismus später von der deutschen Politik und insbesondere den Nationalsozialisten aufgegriffen wurde. Evangelische Synoden traten früh für die Diskriminierung und Unterdrückung jüdischer Menschen ein. Doch gegen Ende des 20. Jahrhunderts fand die evangelische Kirche in Deutschland eine grundlegend neue Haltung zum Judentum. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) änderte 1991 sogar den Grundartikel ihrer Kirchenordnung. Dort wird nun ausdrücklich „die bleibende Erwählung Israels und die Treue Gottes zu seinem Volk“ bekräftigt – alle Pfarrerinnen und Pfarrer müssen dem bei ihrer Ordination zustimmen.
Die Ausstellung im Bibelmuseum, Metzlerstraße 19, wurde in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und Nassau „ImDialog“ erarbeitet. Sie ist dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr, sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet.
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