Stadtdekan Holger Kamlah: „In Frankfurt ist kein Platz für Hass und Ausgrenzung“
Eine überwältigende Zahl an Menschen, die Veranstalter sprachen von 50.000, die Polizei von 35.000, kam heute auf dem Römerberg, an der Paulskirche, am Mainufer, auf der Zeil zusammen und setzte mit der Kundgebung „Demokratie verteidigen – Frankfurt gegen AfD und Rechtsruck“ ein deutliches Zeichen. Vor einer Woche sei im Koala-Kollektiv beschlossen worden, wir „melden eine kleine Demonstration an“, für Demokratie, gegen Rechts, sagte Friederike von Gierke, Sprecherin der Frankfurter Klimagerechtigkeitsgruppe eingangs. Großartig sei die Resonanz, 60 Initiativen, Vereine, Institutionen schlossen sich an, unter anderem auch das Römerbergbündnis, zu dem die Evangelische Kirche in Frankfurt und Offenbach gehört.
„Johannes zu Eltz und ich stehen hier für das Römerbergbündnis: für die jüdische Gemeinde Frankfurt, die katholische und evangelische Kirche, den Frankfurter Jugendring und den DGB. Das Römerbergbündnis wurde vor Jahrzehnten gegründet, weil wir gemeinsam in unserer Stadt für eine klare Botschaft stehen: Wir überlassen den Rechtsextremen nicht die Plätze und Straßen, schon gar nicht den Römerberg“, so Stadtdekan Holger Kamlah in seinem Redebeitrag.
Das Bündnis wolle klar bekennen: „In Frankfurt ist kein Platz für Hass und Ausgrenzung. Und ich bin froh, dass wir heute in einem viel größeren Bündnis genau dieses Zeichen setzen.“ Gegen Unwahrheit, gegen Hass, gegen offenen und versteckten Antisemitismus und Rassismus gelte es deutlich und vernehmlich Position zu beziehen. Und: „Niemand darf unwidersprochen bleiben, wenn er von Remigration schwadroniert“, sagte Kamlah. Johannes zu Eltz, mit dem er Seite an Seite auf der Bühne stand, sagte, er habe nur einen Satz zu ergänzen: Dank an das Koala-Kollektiv, dass die Kundgebung „so menschenfreundlich und gut“ organisiert habe.
Als erster Redner trat Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef ans Mikrofon. Auch er nicht allein, die frühere Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth und der ehemalige Frankfurter Oberbürgermeister Andreas von Schoeler flankierten ihn. Hier auf dem Römerberg, seien von den Nazis Bücher verbrannt worden, es folgten die Gaskammern, erinnerte er. „Die Zeit des Wegschauens ist vorbei“, sagte Josef. Frankfurt sei weltoffen, liberal, auch kritisch, die Bereitschaft zu Diskussion prägten die Stadt und eine parlamentarische Tradition. Er sei überwältigt und stolz, dass so viele Menschen sich der Kundgebung anschlossen.
Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, erinnerte daran, dass an diesem Tag vor 82 Jahren, am 20. Januar 1942, die Wannsee-Konferenz getagt hat, bei der die „industrielle Vernichtung der Juden“ geplant wurde. Mendel äußerte, „Noch nie war der Satz, ,Nie wieder ist jetzt‘ so auf dem Prüfstand wie heute“. Optimismus löse bei ihm aus, dass seit einer Woche Hunderttausende sich aufmachen, um auf den Straßen gegen Faschisten „kurz gesagt die AfD“ zu protestieren.
Philipp Jacks, als DGB-Geschäftsführer Frankfurt Rhein-Main Teil des Römerbergbündnisses, war bei der Kundgebung aber nicht nur als Gewerkschaftsrepräsentant dabei, sondern auch als Aktiver der Initiative #AfDNee. Er sagte, es sei „so was von absurd“, dass Björn Höcke die deutschlandweiten Demonstrationen und Kundgebungen für Demokratie und gegen Rechts mit den Fackelaufmärschen der Nazis vergleich. Es handelt sich um eine große und notwendige Demokratiebewegung, machte Jacks klar.
Weitere Rednerinnen und Redner bei der Kundgebung waren: Eleonore Wiedenroth Coulibaly und Hadija Haruna-Oelker (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland), die Aktivistin Hibba Kauser, Newroz Duman (Initiative 19. Februar), Yasmin Alignaghi (Paritätischer Wohlfahrtsverband) und Eva Walter (Frankfurt solidarisch).
Hinweise auf weitere Veranstaltungen
Dass dieser Tag Mut machend sei, es aber nicht dabeibleiben dürfe, war am Mikrofon Konsens. Hibba Kauser, rief dazu auf, morgen nach Offenbach zu kommen, auch da soll von 11 Uhr an gegen Rechts demonstriert werden. Yasmin Alignaghi nannte den 27. Januar, an diesem Tag wird international der Opfer des Holocausts gedacht. Um 12 Uhr wird an dem Tag auf dem Frankfurter Hauptfriedhof der Menschen mit Beeinträchtigungen gedacht, die dem „Euthanasie“ Programm der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Newroz Duman von der Initiative 19. Februar, wies auf den 17. Februar 2024 hin. An diesem Tag soll es in Hanau eine Demonstration mit bundesweitem Aufruf geben, in Erinnerung an die neun Menschen, die vor vier Jahren am 19. Februar von einem Rechtsterroristen in Hanau ermordet wurden. Um Erinnerung an die Toten und um Konsequenzen aus den Morden soll es gehen.
Auch in Offenbach ist die evangelische Kirche tags darauf vertreten
Zur Demonstration gegen Rechts am Sonntag um 11 Uhr in Offenbach kamen um die 3500 Personen. Eingeladen hatten die Jugendorganisationen verschiedener Parteien und Gewerkschaften sowie das Kinder- und Jugendparlament der Stadt Offenbach. „Offenbach ist Deutschland. Multikulturell und vielfältig", so Prodekanin Amina Bruch-Cincar, im Stadtdekanat für Frankfurt Süd-Ost und Offenbach zuständig. Auch sie reihte sich ein und äußerte: „DIE multikkulturelle Stadt steht zu ihrer Vielfalt und grenzt sich ab gegen rechtsradikales Gedankengut."