Sparen allein reicht nicht, man braucht auch eine Vision
„Den traditionellen Pfarrherrn gibt es nicht mehr, Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten heute lieber in Teams. Aufgaben werden nicht mehr starr nach Zuständigkeiten zugeteilt, sondern nach Gaben und Kompetenzen in Absprache aufgeteilt“ – so entwirft der Propst für Rhein-Main, Oliver Albrecht, Perspektiven für die Zukunft der Kirchengemeinden. (Link)
Auf den ersten Blick klingt der geplante „Professionenmix“, den das Strategie-Projekt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau entwirft, gut. Verwaltungsleute, Pfarrpersonen, Pädagoginnen und Kirchenmusiker, die eng und gemeindeübergreifend zusammenarbeiten: Das ist eine schöne Vorstellung. Aber wird es klappen? Wie viel Zeit und Energie wird dann wieder verbraucht für Absprachen und Koordination, Zeit, die woanders fehlt?
Es ist wahrlich eine Herkulesaufgabe, die angesichts der zurückgehenden Mitgliederzahlen vor der Kirche liegt. Wo soll man den Rotstift ansetzen? Überall ein bisschen? Die Erfahrung zeigt, dass das Gießkannenprinzip nicht hilft und die Arbeit eher schwächt. Die Alternative ist Prioritätensetzung. Aber genau damit tun sich Synoden, die Kirchenparlamente, schwer. Ein Beispiel ist das Frankfurter Bibelhaus, wo man sich nicht recht entscheiden kann, ob man es nun erhalten oder schließen will: Vorläufig soll es weiter Zuschüsse bekommen, aber weniger als bisher. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes.
Ein anderes Thema ist die hochgradige Fremdfinanzierung bestimmter kirchlicher Arbeitsfelder. Kindertagesstätten etwa werden heute zu mindestens 85 Prozent aus staatlichen Geldern und Elternbeiträgen refinanziert. Wer eine Million an Eigenmitteln kürzt, muss also insgesamt sieben Millionen einsparen. Oder man strebt eine vollständige Fremdfinanzierung an. Als die Kirche im 19. Jahrhundert Krankenpflege und Kindergärten gründete, war das etwas Neues. Heute aber sollten diese Aufgaben von der öffentlichen Hand finanziert werden.
Bei allen Konzepten ist auch zu bedenken, dass nicht in erster Linie eigene Fehler verantwortlich für den Bedeutungsverlust der Kirchen sind, sondern der religiöse Traditionsabbruch in den Familien. Wer nicht von klein auf in eine christliche Kultur eingeübt ist, knüpft auch weniger Beziehungen zu einer Gemeinde – egal, was diese leistet oder anbietet.
Das einzige, was da hilft, ist Beziehungsarbeit. Die große Stärke der Kirche liegt darin, dass sie immer noch in allen Stadtteilen präsent ist. Warum überlässt man es nicht den Gemeinden, sich stärker selbst zu verwalten? Schließlich wird auch jeder Sportverein mit Vereinsheim und Sportanlagen ehrenamtlich geführt. Passende Lösungen können nur lokal gefunden werden.
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