Sonntag ist Ruhetag!
Da ist sie schon wieder – die Forderung nach Ladenöffnungen am Sonntag. Gut getarnt unter dem Deckmantel der Corona-Pandemie, kommt sie um die Ecke und verkündet die heilvolle Entzerrung von Kundenströmen. Die Konsumtempelpforten an den Adventssonntagen im Dezember aufzusperren, so die Behauptung, würde die Anzahl an Corona-Infektionen reduzieren.
Ganz ehrlich: Das Argument, durch mehr verkaufsoffene Tage die Ansteckungsgefahr zu minimieren, zieht nicht. Im Gegenteil: Die Zeil wird dann einfach noch an einem weiteren Tag volllaufen. Das gesamte konsumaffine Frankfurter Umland wird in die Parkhäuser strömen, um dann in Massen auf der beliebten Einkaufsmeile zu flanieren. Abstand halten ist da kaum noch möglich, und schon gar keine 1,5 Meter. In den Shops und Kaufhäusern wird es nicht besser sein.
Dass Infektionsschutz nicht die oberste Priorität der Handelslobbyisten ist, wurde ja vorige Woche deutlich. Da kippten sie den vernünftigen Vorschlag der Bundesregierung, eine Person pro 25 Quadratmeter Verkaufsfläche zum Shoppen zuzulassen. Stattdessen, so setzten die Vertreter*innen des Einzelhandels durch, darf es jetzt eine Person pro 10 Quadratmeter sein. Irgendwie ist man geneigt, dem Handel seine Sorge um Ansteckungsraten nicht so richtig abzunehmen.
Die Sonntagsöffnung soll Umsätze steigern, sonst nichts. Sie ist weder im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, noch in dem der Gesellschaft, der ein verlässlicher gemeinsamer freier Tages der Ruhe, der Familienzeit, der Entschleunigung gut tut. Konsum ist nicht der Höchste aller Werte.
Es stellt sich by the way auch die Frage, warum sehr viele Menschen Körper an Körper durch die Zeil geschleust werden dürfen, während andererseits Museen, Restaurants und Theater schließen müssen. Kultur hat, so scheint es, keine Lobby, sie gilt im kapitalistischen Sinne nicht als systemrelevant. Balsam für die Seele ist volkswirtschaftlich eben nicht messbar.
Es ist wichtig und aller Ehren wert, dass sich die Allianz für den freien Sonntag vehement und erfolgreich gegen eine Sonntagsöffnung einsetzt. Daneben bräuchte es noch eine Allianz für den Erhalt von Kunst und Kultur. Ein Leben, allein dem Konsum gewidmet, ohne Aussicht auf Flucht in Momente des Treibens – das kann niemand wollen. Deswegen: lasst uns weiter Allianzen schmieden.
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