Solide haushalten und das Engagement für die Menschen auch in Zukunft sichern
„Die Gründer des Jahrs 1899 würden sich wahrscheinlich die Augen reiben“, wenn sie erleben würden, was aus dem damals aus der Taufe gehobenen Frankfurter Stadtsynodalverband wurde – ein Regionalverband, der einschließlich seiner Töchter 3000 Menschen beschäftigt, sagte Holger Kamlah, Stadtdekan und Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt und Offenbach, gestern bei einem Festgottesdienst in der Heiliggeistkirche am Dominikanerkloster.
Gleich fünf Jubiläen wurden zum Jahresende vor der letzten Tagung des evangelischen Kirchenparlaments von Frankfurt und Offenbach gewürdigt: 125 Jahre Stadtsynodalverband, 50 Jahre Evangelischer Regionalverband, zehn Jahre Stadtdekanat, fünf Jahre Zusammengehen der evangelischen Kirchen Frankfurt und Offenbach. Gewürdigt wurde auch 75 Jahre Familienbildung, ein Ereignis, das die Diakonie Frankfurt und Offenbach im September 2024 begehen konnte.
Kirchenparlament beschließt Doppelhaushalte 2025/26
In der anschließenden Sitzung hatten sich die Delegierten im Großen Saal des Dominikanerklosters mit der Sicherung der Zukunft und Neuordnungen zu befassen. Zu entscheiden war über die Haushalte von Stadtdekanat und Regionalverband für die Jahre 2025 und 2026. Mit großer Mehrheit wurden beide Vorlagen angenommen. Der Haushalt des Stadtdekanats umfasst 2025 rund 6,169 Millionen, für das darauffolgende Jahr sind 6,37 vorgesehen. Der Haushalt des Evangelischen Regionalverbandes, der einen Großteil der sozialdiakonischen Arbeit oder auch der Bauunterhaltung trägt, umfasst 2025 230.864.929 Euro, für 2026 sind 236.280.065 Euro eingeplant.
In seiner Einführung zu dem Haushalt des Evangelischen Regionalverbandes (ERV) wies Thomas Speck, Kaufmännischer Geschäftsführer und Leiter der Verwaltung des Evangelischen Regionalverbandes, auf verschiedene belastende Faktoren hin: Angespannte Haushaltslage der öffentlichen Hand, Fachkräftemangel und Auslastung, Gebäudekosten, es gibt keinen Automatismus zwischen Kosten- und Zuschusssteigerung, erschwerend seien komplexe Regulierungen und Overheadkosten. Die zurückgehenden Mitgliederzahlen führten zu einem Rückgang der Zuschüsse der Landeskirche, erläuterte Speck. Der Doppelhaushalt 2025/26 zeige ein Defizit. Die ERV-Eigenmittelausgaben steigen auf mehr als drei Millionen, während die ERV-Eigenmitteileinnahmen bei unter 2,5 Millionen bleiben.
Diakoniepfarrer Markus Eisele, Theologischer Geschäftsführer und Leiter der Fachbereiche, erwähnte positive Entwicklungen, erhebliche Fortschritte habe es bei den Mitteln für die Jugendhilfe gegeben, als weiteres Beispiel nannte er die Flüchtlingshilfe, da sei erreicht worden, dass die Overheadkosten besser finanziert würden. Demgegenüber stehe die Ausstattung beispielsweise der Mobilen Kinderkrankenpflege, ohne Fördermittel und Spenden müsste die im Rhein-Main-Gebiet einzigartige Einrichtung die Arbeit aufgeben, sagte Eisele. Auch der Secondhandmarkt „Samt & Sonders“, der vielen zur günstigen Ausstattung verhilft, sei trotz Einschnitten in einer schwierigen Lage. Die Diakonie, die schon eine Reihe an Kindertageseinrichtungen von Gemeinden übernommen hat, wird von 2025 an weitere verantworten. Auf dem Feld der Kinderbetreuung müsse die Diskussion forciert und die Politik gefordert werden, „das System steht vor dem Kollaps“, so der Diakoniepfarrer.
Die Unterstützung von Menschen in prekärer Lage, der Einsatz für Arme, sei ein Markenzeichen des christlichen Glaubens, sagte der Theologische Geschäftsführer. „Armutssensibel“ sei die Arbeit ausgerichtet. Markus Eisele verwies auf die aktuelle Spendenaktion „Herzschlag der Hoffnung“, sie sei darauf angelegt, gegen Armut etwas zu unternehmen.
Neue Rollen von Pfarrpersonen
Stadtdekan und ERV-Vorstandsvorsitzender Holger Kamlah legte bei der Sitzung den Schwerpunkt auf Neuordnungen der gemeindlichen Arbeit im Nachbarschaftsraum. Insbesondere erläuterte er die Beschlüsse der Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) von Ende November. Denen zufolge müssen Kirchenvorständen nicht länger zwingend Pfarrpersonen angehören. Sind Pfarrerinnen, Pfarrer im Nachbarschaftsraum Mitglied des Leitungsgremiums, das verschiedene Standorte verantwortet, so gehören sie nicht mehr den Kirchenvorständen an.
Die Entlastung der Pfarrpersonen von Gremienarbeit solle auch dazu dienen, dass diese ausreichend Zeit für Seelsorge und Verkündigung haben, erläuterte Stadtdekan Holger Kamlah.
Engagement und Vermittlung von Zuversicht
Im Festgottesdienst zum Jubiläum nannte Kamlah den Regionalverband eine Vermögens- und Solidargemeinschaft. Und er sagte: „Wir nehmen ernst, dass uns der Besitz nicht gehört, sondern anvertraut ist.“ Kirche müsse für andere da sein.
Bastian Bergerhoff, als Kämmerer zuständig für die acht evangelischen und katholischen Dotationskirchen in der Frankfurter Innenstadt, bekannte sich in dem Festgottesdienst vor der Sitzung der evangelischen Delegierten zum Unterhalt dieser Kirchen. Eine weitere Botschaft: Beispielhaft sei, wie die Kirche hier nicht danach frage, woher kommst du, was glaubst du? Bergerhoff nutzte den Rahmen, um zu danken für Engagement und die Vermittlung von Zuversicht.
Zu dem Festgottesdienst gehörten auch Interviews mit dem langjährigen Verwaltungsleiter und Kirchenhistoriker Jürgen Telschow, mehr dazu >> hier
Georgia Bohris berichtete über die Arbeit der Freien Straffälligenhilfe. >> hier
Ein Bericht über das Jubiläum der Familienbildung: >> hier