Schlangen bis auf die Zeil beim Reformationsjubiläum in der Katharinenkirche
Rund 800 Menschen verfolgten die Dialogpredigt, für die sich der evangelische Stadtdekan Achim Knecht und der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz die Kanzel teilten – darunter Frankfurts Kämmerer und Kirchendezernent Uwe Becker, der evangelische Propst für Rhein-Main Oliver Albrecht, die Vorsitzende der katholischen Stadtversammlung Daniela Marschall-Kehrel sowie die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Professorin Julia Helmke, die anschließend beim städtischen Empfang zum Reformationsjubiläum die Festrede hielt.
Stadtdekan Achim Knecht warnte davor, die Reformation zu „vereinnahmen oder als Selbstbestätigung zu benutzen“. Viele der Fragen, die Luther in seinen 95 Thesen vom 31. Oktober 1517 behandelt habe, seien für Menschen heute irrelevant. Es gebe inzwischen ganz andere Themen. So sehe sich die evangelische Kirche heute in einer Minderheitenposition – nur noch 16 Prozent der Frankfurter Bevölkerung sind evangelisch. Mit diesen Gegebenheiten konstruktiv umzugehen und sich „vertrauensvoll zur Botschaft Jesu zu bekennen, auch wenn der Wind ins Gesicht bläst“, das seien heute die Herausforderungen. Es sei auch ein Dilemma, wenn Menschen nur noch wegen „Events“ in die Kirche gehen. Dennoch sei es nötig und eben auch ein Impuls der Reformation, „das Wort Gottes in die jeweilige Sprache zu übersetzen“. Die Kirche sei kein Selbstzweck, sondern solle den Menschen dienen. Sie müsse nicht um sich selbst besorgt sein, wenn sie auf Gottes Wort höre und eine „Kirche für andere“ sei.
Auch Stadtdekan Johannes zu Eltz betonte, dass die christliche Botschaft nicht leicht zu vermitteln sei. „Jesus geht abends nicht mit den Leuten einen trinken, um Erfolge zu sichern, sondern er geht auf einen Berg, um zu beten – er allein. Und Jesus erzählt den Leuten Sachen, die scharfe Kanten haben, die nicht glatt runtergehen; er stößt sie mit Gleichnissen vor den Kopf, so dass sie die Stirn runzeln und ihn bald merkwürdig finden und murren.“ Zu Eltz kritisierte auch „das Erfolgsdenken, mit dem wir Kirchen füllen wollen und Steuertöpfe und Nachrichtenspalten“, zum Beispiel auch, wenn der Erfolg des Reformationsjubiläums vor allem an Besucherzahlen gemessen werde. Als „Katholik, der Luther liebt“ übte er aber auch Kritik am Reformator: Ähnlich wie heutige Neurowissenschaftler habe Luther den freien Willen der Menschen „zertrümmert“, als ob Menschen zu ihrer Erhebung selbst gar nichts beitragen könnten. Damit habe er „das unverdorbene Kind in uns mit dem Bad der Schlechtigkeit ausgeschüttet“.
Das Manuskript der Predigt können Sie hier nachlesen.
Der Gottesdienst in der Katharinenkirche war nur eine von zahlreichen Veranstaltungen, die heute zum Reformationsjubiläum stattfinden.