Römerbergbündnis beteiligt sich an „Frankfurt steht auf für Demokratie“
„Danke“ sagte Philipp Jacks, Geschäftsführer der DGB-Region Frankfurt-Rhein-Main heute auf dem Frankfurter Römerberg den Anwesenden, dem breiten Bündnis von Institutionen; Unternehmen und Organisationen, das zu „Frankfurt steht auf für Demokratie“ aufgerufen hatte – und er sagte „Danke" den Menschen landauf, landab, die wie hier seit Wochen mit Kundgebungen Zeichen gegen Rechts und gegen Feinde von Demokratie und Menschenrechten setzen. Rund 19.000 Menschen standen laut Polizei zeitweilig auf dem Römerberg, an der Paulskirche und am Main, um für Respekt und Toleranz zu demonstrieren. Moderatorin Bärbel Schäfer sprach auf der Bühne von 25.000 Menschen, die sich an dem Werktagnachmittag in der Frankfurter Innenstadt versammelten.
Zu ihnen sprachen Oberbürgermeister Mike Josef, seine Vor-Vorgängerin Petra Roth, der Publizist, Philosoph, Talkmaster und Jurist Michel Friedman, die Politologin und Publizistin Saba-Nur Cheema und Sabine Mauderer, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank. Angriffe auf Menschenrechte, Ausgrenzung und Diffamierungen dürften in diesem Land keine Chance haben, waren sich alle einig. Oberbürgermeister Mike Josef sicherte Jüdinnen und Juden Solidarität zu. Holocaust-Überlebende müsse es entsetzen, dass wie in Hanau vor vier Jahren geschehen, nach Ethnien unterschieden Morde begangen werde. Niemand dürfe auf Grund seiner Herkunft diskriminiert werden.
Demokratie baue auf Liebe und Respekt und „wir werden nicht aufhören, bis der braune Spuk aufhört“, äußerte Friedman. Saba-Nur Cheema verwies auf die Rückgänge der AfD bei den jüngsten Umfragen. Sie zeigten, dass die Kundgebungen wirkten. Der Protest müsse fortgesetzt werden und „ich bin sicher, dass wir das zusammen schaffen“. Bei der Kundgebung gehe es auch um den Wirtschaftsstandort Deutschland, äußerte Mauderer und: „Innovationen entstehen durch Vielfalt“. „Wir werden lautstark und demokratisch diese Demokratie verteidigen“,so die frühere Oberbürgermeisterin Roth, die sich begeistert zeigte von dem Anblick des gefüllten Römerbergs. Ein besonderer Dank galt dem Römerbergbündnis, zu dem die evangelische und katholische Kirche, die Jüdische Gemeinde, der Frankfurter Jugendring und der DGB gehören: Der Zusammenschluss gegen Rechts sei da „wenn man ihn braucht“, dankte Petra Roth.
Philipp Jacks gehört als DGB-Geschäftsführer dem Römerbergbündnis an. Er ist aber auch Vertreter von ‚AfDNee“. Für das Römerbergbündnis trat dieses Mal der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz ans Mikrofon, an seiner Seite standen die anderen Vertreterinnen des Bündnisses.
Der Redebeitrag des katholischen Stadtdekans Johannes zu Eltz:
Liebe Mitmenschen,
wer die Gefährdung der Demokratie verschläft, wird in der Diktatur aufwachen. Das hört man jetzt öfters.
Das Anliegen, das uns hier zusammenführt, ist todernst. Trotzdem, oder deshalb, sollten wir es mit Humor angehen. Aus zwei Gründen. Wenn man nichts mehr zu lachen hat, ist Politik zum Heulen. Und dann finden Sie keine guten Leute mehr für die gute Sache. Und: Extremisten sind immer humorlos. Sie ärgern sich tot, wenn man sich über sie lustig macht Das wäre ja auch nicht das Schlechteste.
An der Müdigkeit der Guten ändert sich gerade etwas. Die Aufstände der letzten Wochen sind ein gutes Zeichen. Wo Demokraten Raum einnehmen, finden Extremisten keinen Platz mehr. Das hat vor 30 Jahren unser Römerbergbündnis zusammengebracht, und es funktioniert. Bei Unrecht nicht wegschauen - immer sofort dagegen aufbegehren; egal, wer es verübt und wem es geschieht. Das ist das Vermächtnis von Trude Simonsohn. Für mich heiBt das: Der AfD möglichst jeden öffentlichen Auftritt unmöglich machen. Aber nicht ihre Anhänger shamen und keinem das persönliche Gespräch verwehren. Und auch nicht ihre privaten Adressen ins Netz stellen und ihre Familien unter Druck setzen. Das ist Totalisierung von Politik. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein Grundrecht, und die Achtung der Privatsphäre ein Kennzeichen der Freiheit.
,,Sei ein Mensch! Menschlichkeit erweist sich am Umgang mit den anderen.
Meine Bitte an die Linke: Macht nicht gegen Rechts Front, sondern gegen Rechtsextremismus. Die Mehrheit in der Mitte vertritt konservative Positionen, manchmal auch reaktionäre oder dumme. Wenn der ,,Aufstand der Anständigen" die Demokratie stützen soll, dann müssen sich dafür mit aller Entschiedenheit alle Leute unterhaken, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen; alle, die ein freies, soziales, friedfertiges und rechtschaffenes Deutschland wollen. Wir haben viel mehr gemeinsam, als uns voneinander trennt. Wir müssen ja trotzdem nicht miteinander in Urlaub fahren.
Feindseligkeit und Unversöhnlichkeit unter Demokraten hilft nur, aber wirklich nur den Feinden der Demokratie! Bitte nicht! Lassen Sie uns die schwarzen Listen zusammenstreichen und von rechts auf die LINKE-Frau zugehen, die mich zur Weißglut bringt, oder von links auf den BFF-Mann, den ich verabscheue. Wir finden bestimmt etwas Schätzenswertes. Und wenn es nur das Bekenntnis zu diesem Staat wäre und zu seiner Ordnung. Mehr braucht es nicht.
Die Grenzen meines politischen Geschmacks sind nicht die Deadline der Demokratie. Die rote Linie ist abstrakte, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und die Entschlossenheit zum Staatsstreich - das, was die neuen Nazis ,,Systemwechsel" nennen. Jenseits dieser Linie gibt es keine Gemeinsamkeit, keinen Diskurs, kein Bündnis, auf keiner Ebene, zu welchem Zweck auch immer.
Das ist aber eine politische Entscheidung, keine moralische Kategorie. Wir ziehen die rote Linie nicht, damit klar ist: Wir sind die Guten und die anderen sind die Bösen. ,,Der Vater im Himmel lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute, und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte" (Mt 5,45). Selbstgerechtigkeit und moralischer Dünkel sind sehr schädlich für die Sache der Demokratie; sie treiben empörte Bürger in die Arme von Rechtsextremisten. Wir haben nicht deshalb recht, weil wir die besseren Menschen sind, sondern weil wir - hoffentlich! - die besseren Argumente haben. Das Grundgesetz wird dieses Jahr 75 Jahre alt. ,,Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigte Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das deutsche Volk, Kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben" (Präambel GG). An ihm müssen wir festhalten, mit allen Kräften. Aber wir dürfen es auch feiern fröhlich und friedfertig. Und zum Grillen die Nachbarn einladen, die wir nicht so toll finden. Gott segne Sie alle!
Vielen Dank.