Pfingsten: Brückenschlag im Zeichen des Friedens
Pfingsten: „Ein Fest der Verständigung, des Brücken Bauens über Unterschiede und Grenzen hinweg“, so kennzeichnete der evangelische Stadtdekan von Frankfurt und Offenbach Holger Kamlah heute, an Pfingstmontag, auf dem Frankfurter Römerberg den Feiertag in seiner Predigt. Der Gottesdienst am späten Vormittag und das anschließende internationale Fest im Hof des nahegelegenen Dominikanerklosters haben Tradition. In diesem Jahr machten sich rund 800 Menschen auf, um im Herzen Frankfurts den Gottesdienst mitzuerleben, viele von ihnen beteiligten sich auch am Standortwechsel, genossen anschließend Kulturprogramm und Kulinarisches aus aller Welt im Klosterhof.
Tradition hat auch, dass an Pfingstmontag deutlich wird, wie international die Christenheit in Frankfurt und Rhein-Main ist. Die Pfingstgeschichte aus der Apostelerzählung wurde abschnittweise auf Deutsch, in einer der Sprachen Myanmars sowie in Twi, das in Ghana verbreitet ist, und in Tigrynia vorgetragen. Bernard Kyeremeh, Reverend der Frankfurter Dependance der Presbyterian Church of Ghana, sprach auf Englisch ein Gebet, einen Aufruf zu Frieden und Respekt, einen Apell dafür, in dem oder der anderen jeweils Mitmenschen zu sehen.
Ģèrmay Ķasu erzählte den Anwesenden in dem Gottesdienst auf Deutsch von Menschen aus Tigray und Eritrea, die in den orthodoxen Gemeinden Frankfurts Hilfe suchen. Angesichts von Kriegen und schlechten Ernten verlässt vor allem die junge Generation die Heimat. Viele überleben die Flucht nicht oder erleiden unterwegs Gewalt und kommen traumatisiert in Deutschland an.
Stadtdekan Holger Kamlah erwähnte in seiner Predigt weitere Regionen, in denen aktuell Kriege toben, er nannte die Ukraine, er erinnerte an den Überfall der Hamas und den daraus resultierenden Krieg, der in Israel und Gaza großes Leid hervorgebracht hat, Konflikte etwa im Südsudan oder in Myanmar, die es auch gebe, seien weniger im Blickfeld.
Kamlah erwähnte aber auch Konflikte, die hier vor Ort ausgetragen werden, beispielsweise wenn Menschen sich in ihren Blasen, ob Social Media oder anderswo, verbarrikadieren. „Eine friedliche Kultur der politischen Auseinandersetzung geht auch uns zunehmend verloren“, konstatierte er. „Die Hemmschwellen sinken. Zuerst verschieben sich die Grenzen für das, was gesagt, und dann für das, was getan wird“, sagte der Stadtdekan in seiner Ansprache.
Er zitierte Bibelstellen, in denen zum Frieden aufgerufen wird, sagte aber auch: „Frieden kann es nicht geben ohne Gerechtigkeit.“ Der andere dürfe nicht zum Knecht gemacht, in seiner Lebensweise unterdrückt werden. Auf dem Liedblatt, das die Anwesenden durch den Gottesdienst führte, war eine Grafik der Frankfurter Friedensbrücke abgebildet. „Friedensbrücke“ lautete auch der Titel des gesamten Gottesdienstes. Holger Kamlah bezeichnete das Grundgesetz, das dieser Tage 75 Jahre alt wird, und die EU als „Friedensbrücken“, die darauf fußen, nicht auf das Recht des Stärkeren zu setzen, sondern auch dem Recht eines anderen Raum zu geben.
Pfarrerin Andrea Braunberger-Myers von der Sankt Paulsgemeinde, die neben Prodekanin Stefanie Brauer-Noss (Bereich Nord-West) an dem Gottesdienst mitwirkte, erläuterte die Baugeschichte der steinernen Friedensbrücke, die in Frankfurt beide Mainufer verbindet: Bei der Eröffnung wurde sie Kaiser Wilhelm I gewidmet, im März 1945 sollte sie gesprengt werden, das Vorhaben misslang, die US-Truppen konnten Frankfurt befreien, 1951 wurde die Friedensbrücke, an ebendieser Stelle eröffnet. „Die Frankfurter Friedensbrücke steht für das Motto unseres Gottesdienstes, weil wir in unserem Land gerade viele Friedensbrücken nötig haben“, äußerte die Pfarrerin, deren Predigtstätte die Alte Nikolaikirche auf dem Römerberg ist.
Für die Musik des internationalen Pfingstgottesdienstes sorgten Eugen Eckert, Verfasser zahlreicher Gesangbuch-Hits mit seiner Band Habakuk und ein Ensemble der Frankfurter Bläserschule unter der Leitung von Simon Schumann.