Mit Gott und Pragmatismus unterwegs – die neue Prodekanin Stefanie Brauer-Noss
Gerade mal einen Monat ist es her, dass Stefanie Brauer-Noss ihr Büro im ersten Stock des Dominikanerklosters bezogen hat. Wohnlich sieht es aus, ein Sofa steht unter dem Fenster, auf dem Tisch hat sie Wassergläser bereit gestellt, Dekor Geripptes, mit zartem Goldrand. Die Kaffeemaschine ist installiert, daneben stehen Tassen in Blau- und Grautönen – auch sie mit Rautenmuster. Man könnte glatt auch hier auf die Idee kommen, „Geripptes“. „Nein, Modell Ozean“, sagt die 42-Jährige, die bis Ende Januar in Bornheim Pfarrerin war, und lacht.
Vor sieben Jahren kam die gebürtige Nordrhein-Westfälin in das „lustige Dorf“, das zwischen Ebbelwoiviertel und Alternativquartier changiert, zwischen Multikulti und Traditionspflege. Mit ihrem pinken Zwillingskinderwagen war sie in den ersten Wochen viel in Bornheim unterwegs, „ich habe mir die Gemeinde erlaufen“, sagt die mit einem Theologen verheiratete Mutter dreier Kinder.
Das Aufgabenfeld zu Fuß erkunden geht jetzt nicht. Der Schreibtisch ist größer geworden. Brauer-Noss, die im Dezember 2023 zur Nachfolgerin von Holger Kamlah gewählt wurde, der nun das Stadtdekaneamt innehat, ist seit 1. Februar zuständig für 31 Gemeinden im Frankfurter Bereich Nord-West. Zwischen Zeilsheim, Nieder-Erlenbach, dem Bahnhofsviertel und Frankfurt-Niederrad liegen „ihre“ Gemeinden.
Im Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach werden aktuell zehn Nachbarschaftsräume gebildet. Zusammen mit ihrer Kollegin Prodekanin Amina Bruch-Cincar, die für Süd-Ost und Offenbach zuständig ist, koordiniert sie den Prozess. „Ein „Warm-up“ gab es nicht“, sagt Brauer-Noss, „der integrierte Stellenplan hat gleich meine Aufmerksamkeit verlangt“.
Die Bildung der unterschiedlich gearteten Gemeinschaften bewegt die Gemeinden: Wo kommt das Büro in den Nachbarschaftsräumen hin, wie viele Pfarrstellen bleiben, welche Versammlungsflächen soll es geben? Stefanie Brauer-Noss hat schon etliche Personalgespräche geführt in ihrem Büro. War in Kirchenvorständen zu Gast, hat Pfarrerin Ruth Huppert in der Kirchengemeinde „Nordwest“ eingeführt. „Ich bin gerne unter den Menschen“, sagt die in Bochum, Berlin und Münster ausgebildete Theologin von sich, und: „Ich glaube, ich bin ein pragmatischer Mensch“. Beides nachvollziehbar.
Am Anfang ihrer Universitätszeit belegte Brauer-Noss parallel Theologie fürs Pfarramt und Physik auf Diplom. Naturwissenschaften, Mathematik hatten ihr in der Schule Spaß gemacht, in der Freizeit das Engagement in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit. Auf ganz unterschiedliche Sujets fiel ihre Studienwahl, aber jeweils geht es darum, was die Welt zusammenhält. Die Prodekanin ergänzt: „Und die Gewissheiten sind in beiden Fächern weniger geworden“. Nicht zuletzt wegen der Nähe zu den Menschen konzentrierte Stefanie Brauer-Noss sich dann auf die Gotteslehre.
Ihr Theologiestudium hat sie mit einer Promotion abgeschlossen. Das Thema lautete „Unter Druck. Kirchenreform aus der Leitungsperspektive“ – wie zugeschnitten auf die aktuelle Aufgabe. Zweifelsohne ist die neue Prodekanin, die in der Freizeit beim Schwimmen und Serienschauen entspannt, bereit, Verantwortung in leitender Position zu übernehmen.
Sich da zu winden und drumrum zu reden – dafür ist sie zu pragmatisch. Gefragt nach Fähigkeiten, die ihr zugutekommen im Prodekaninnenamt, nennt sie spontan: „Ich kann Fehler zugeben“. Bei aller Alltagskompetenz, die ihr in den vergangenen Jahren schon in Bornheim und im Vorstand des Stadtdekanats zugutekam, ist es Stefanie Brauer-Noss wichtig, „Gott muss auch vorkommen“. Wohl kein Zufall, dass eins der ersten Leitungsämter, die sie übernommen hat, der Sitz im Präsidium der Frankfurter Bibelgesellschaft war.