Beratungsstellen erwarten mehr Schulden durch Corona
Die Nachfrage nach Schuldnerberatung bleibt in Offenbach auf einem konstant hohen Niveau. Vor allem die Situation von bereits überschuldeten Menschen und Menschen in unsicheren Arbeitsverhältnissen wird durch die Corona-Pandemie weiter verschärft. Zu diesem Ergebnis kommt der Jahresbericht 2020 der Evangelischen Schuldnerberatung. Infolge der wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie rechnet die Beratungsstelle mit einem weiteren Anstieg der Ratsuchenden in den Jahren 2021 und 2022. Im Jahr 2020 erhielt die Evangelische Schuldnerberatung Offenbach knapp 1.300 Anfragen. Trotz der coronabedingt erschwerten Zugänge zur Beratung und einer gesunkenen Anzahl von Ratsuchenden im ersten Lockdown blieb die Anzahl der Beratungen auf Vorjahresniveau. Etwa 40 Prozent der Ratsuchenden richteten erstmals eine Anfrage an die Beratungsstelle. Arbeitslosigkeit stellte die häufigste Ursache für Überschuldung dar (23 Prozent aller Anfragen).
Wirtschaftliche Einschränkungen sind Risiko für Überschuldung
„Die Corona-Pandemie hat sich deutlich auf die Verschuldungssituation vieler Offenbacher:innen ausgewirkt. Neben der Kurzarbeit in einigen Berufszweigen erfolgten auch häufig Kündigungen seitens der Arbeitgeber. Die Suche nach einer neuen Anstellung war zudem schwierig, da auf dem Arbeitsmarkt eine starke Zurückhaltung zu verzeichnen war. Auch bei der Suche nach Nebenjobs war dies deutlich zu spüren“, nennt Michael Franke, Leiter des Evangelischen Zentrums für Beratung in Offenbach, Gründe, warum sich die wirtschaftlichen Einschränkungen der Corona-Pandemie besonders auf Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen auswirken.
Überschuldung auch in gesicherten Arbeitsverhältnissen
Aber auch Menschen, die vorher nie von Überschuldung betroffen waren, suchen zunehmend die Beratungsstelle auf, wie etwa ein 54-jähriger Klient, der seit November 2020 die Schuldnerberatung in Anspruch nimmt. Der Mitarbeiter in der Gepäckabfertigung befand sich seit April 2020 in Kurzarbeit und muss seitdem auf die Hälfte seines Monatseinkommens verzichten. Nachdem alle Ersparnisse aufgebraucht und seine Konten bis zur Überziehungsgrenze belastet waren, konnte er seine Miete nicht mehr vollständig zahlen. In der Offenen Sprechstunde der Schuldnerberatung erhielt er schnelle Hilfe; die Wohnungslosigkeit wurde verhindert und eine Einigung mit den Gläubiger:innen getroffen.
Kontinuierlicher Anstieg der Neuanfragen
In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Neuklient:innen in der Evangelischen Schuldnerberatung Offenbach kontinuierlich gestiegen. Trotz der staatlichen Corona-Hilfen rechnet Michael Franke für die Jahre 2021 und 2022 mit einer weiteren Zunahme der Klient:innenzahlen. „Viele, die jetzt Einkommensverluste haben, nehmen ihre Situation als eine Übergangssituation wahr. Der Grat zwischen einer unproblematischen Verschuldung bis zu einer überfordernden Überschuldung ist aber viel schmaler als man denkt“, erklärt Franke.
Zur Evangelischen Schuldnerberatung Offenbach
Die Evangelische Schuldnerberatung Offenbach hilft Menschen, die in Geldnot geraten sind. Die Beratung ist kostenfrei, vertraulich und ohne Termin in regelmäßigen Offenen Sprechstunden für alle Betroffenen zugänglich. Ratsuchende erhalten insbesondere Unterstützung im Umgang mit Gläubiger:innen, der Regulierung ihrer Schulden und der Entwicklung einer individuell angemessenen Lebensperspektive. Träger des Angebots ist der Evangelische Regionalverband Frankfurt und Offenbach. Weitere Informationen gibt es auf www.evangelische-beratung.com/schulden.