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Kirchentag in Frankfurt: "Wir können die Veranstaltung so verantworten"

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In Deutschland steigen die Corona-Fallzahlen, doch die Veranstalter des 3. Ökumenischen Kirchentags (ÖKT) im Mai 2021 haben entschieden: Das christliche Laientreffen soll stattfinden. Wie und unter welchen Bedingungen, darüber sprach der Evangelische Pressedienst mit der Präsidentin und dem Präsidenten des Kirchentags in Frankfurt am Main, Bettina Limperg und Thomas Sternberg.

Ist es nicht äußerst riskant, eine Großveranstaltung für 30.000 Menschen im kommenden Frühjahr zu planen?

Bettina Limperg: Wir haben es uns ganz gewiss nicht leicht gemacht. Alternativ hätten wir den 3. Ökumenischen Kirchentag absagen oder ein rein virtuelles oder „Kongress“-Format planen können. Aber nach allem, was wir heute wissen, auch nach Beratung mit Virologen und Medizinern, können wir die Veranstaltung so verantworten. Nach diesem Kenntnisstand und in engem Kontakt mit den beteiligten Behörden können wir ein Programm für 30.000 Personen in Frankfurt und der Region anbieten. Uns ist vollkommen klar, welche Verantwortung wir damit übernehmen. Wir werden den Kirchentag in Frankfurt am Main nur dann tatsächlich veranstalten, wenn wir dieser Verantwortung auch im Mai 2021 noch gerecht werden können.

Thomas Sternberg: Mir ist wichtig, dass wir den Ökumenischen Kirchentag unter Corona-Bedingungen neu denken. Ich sehe auch die Chance für neue Formate, die wir jetzt entwickeln. Die Abläufe für die in Frankfurt geplanten Gottesdienste werden wir in ganz Deutschland verbreiten. Dann können Gemeinden vor Ort wie auf dem Kirchentag ökumenisch mitfeiern. Das Frankfurter Ereignis kann dann nicht nur privat und einsam in den eigenen vier Wänden, sondern auch in Gemeinschaft miterlebt werden.

Von Kirchentagen sind wir volle Hallen mit Warteschlangen davor gewöhnt. Wie stellen Sie sicher, dass das nicht eintritt und sich niemand infiziert?

Sternberg: Wir werden nicht leichtfertig sein. Wir werden keine Regeln überschreiten. Wir wollen einen Kirchentag in öffentlicher und politischer Verantwortung. Auf die Impfung werden wir nicht vertrauen können. Aber verlässliche Schnelltests könnten für uns mitentscheidend sein.

Limperg: Die Experten sagen uns, dass Schnelltests Großveranstaltungen unterstützen könnten. Sie sind eines der vielen Mosaiksteine unseres Konzepts. Der Vorteil dieser Tests ist, dass das Ergebnis in weniger als einer Stunde verfügbar ist. Das könnte die Planungen wesentlich erleichtern, wenn wir an internationale Gäste, Podiumsteilnehmende oder auch die Gemeinschaftsquartiere denken.

Gibt es Konzepte, wie man die Besucher*innen besser lenken kann?

Limperg: Ja, wir arbeiten intensiv an diesen Themen, die ja auch Teil der Genehmigungsverfahren unseres Hygienekonzepts sind. Es wird Anmeldeverfahren zu Veranstaltungen geben, und wir werden Teilnehmerzahlen immer wieder begrenzen müssen. Natürlich werden niemals 30.000 Menschen an einem Platz sein, sondern sie verteilen sich auf das gesamte Stadtgebiet und die Region. Der Kirchentag wird dezentraler und hybrid. Das heißt, an einer Veranstaltung können Tausende Menschen teilnehmen, aber nur 500 von ihnen sind vor Ort, und viele andere sind digital zugeschaltet - und zwar nicht in digitaler Einsamkeit, sondern vielleicht aus einem Gemeinderaum in München, einem Krankenhaus oder einem Altenpflegeheim. Auf diese Weise könnten auch Menschen teilhaben, die sonst gar nicht kommen könnten.

Kann unter diesen Bedingungen überhaupt die heimelige und teils mitreißende Atmosphäre von Kirchen- und Katholikentagen entstehen?

Sternberg: Natürlich bleibt ganz viel auf der Strecke. Wir geben uns ja nicht mal mehr die Hand – das einfachste Zeichen europäischer Kultiviertheit und gegenseitiger Höflichkeit.

Limperg: Es wird nicht die enggedrängten, singenden Massen geben. Aber: Hygienestationen, 1,50 Meter Abstand und Mund-Nasenschutz sind immer noch besser als eine Videokonferenz. Es wird eine neue Form von Gemeinschaft geben. Sich zu begegnen, tut uns einfach gut. Wir sehen, dass die Menschen das starke Bedürfnis nach Gemeinschaft haben. Und auch wenn gerade etwa Familienfeiern in der Kritik stehen: Sie zeigen genau dieses Moment. Für diese Gefühle und Bedürfnisse wollen wir Angebote schaffen – die wir zugleich mit Disziplin und Vorsorge begleiten werden.

Egal, ob es um das Thema Sterbehilfe oder Schwangerschaftskonflikte geht, die evangelische und katholische Kirche tun sich momentan schwer, gemeinsame Positionen zu finden. Welches Zeichen für die Ökumene setzt dieser Kirchentag?

Limperg: Unser Leitwort lautet „schaut hin“. In der Vergangenheit war ein Vorwurf an Kirchentage, dass es kaum Kontroverse gibt. Wir werden natürlich auch über strittige Dinge reden. Das ist beispielsweise die Sterbehilfe, und es ist auch das unterschiedliche theologische Verständnis der Mahlfeier. Wir wollen nicht nur dahin schauen, wo es schön ist, sondern auch dahin, wo es etwas zu besprechen gibt.

Sternberg: Es ist gut, wenn wir 2021 das Zeichen senden, wir diskutieren nicht nur über uns selbst, sondern wissen um unseren gemeinsamen christlichen Auftrag, die Welt mitzugestalten – angefangen beim Kampf gegen den Klimawandel, der Finanzordnung, Strukturen der Macht, beim Schutz der Demokratie und weltweiter Gerechtigkeit. Ich habe den Eindruck, dass wohl auch unsere ökumenischen Kirchentage dafür gesorgt haben, dass Katholikentage längst viel evangelischer und evangelische Kirchentage viel katholischer geworden sind.

Bei der eucharistischen Gastfreundschaft hat die jüngste Intervention aus dem Vatikan zu einer Vertagung der Entscheidung in der Bischofskonferenz geführt. Wird es die eucharistische Gastfreundschaft auf dem Kirchentag wirklich geben?

Limperg: Wir gehen davon aus, dass wir die beschlossenen Konzepte umsetzen. Wir freuen uns sehr darauf. Das ist ein großer Schritt in der praktischen, gelebten Ökumene und in der Sichtbarkeit unserer Gemeinsamkeiten. Es war uns immer klar, dass das Themen sind, die vielleicht theologisch noch nicht zu Ende diskutiert sind. Wir sind aber auch nicht „die“ Kirche, wir sind vor allem Laienbewegungen. Und: Wir stellen eine Gewissensprüfung in den Mittelpunkt, die für alle Christinnen und Christen immer eine wichtige Instanz sein sollte.

Sternberg: Der Vatikan hat gesagt, dass das Papier des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ theologisch nicht ausreicht. Das heißt für mich, dass ich mich bei meiner Gewissensentscheidung beim 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt nicht auf dieses Papier berufen werde. Wir werden aber natürlich für den ÖKT bei unserer Konzeption bleiben.

Herr Sternberg, würden Sie unter den gegenwärtigen Bedingungen im Mai an einer evangelischen Abendmahlsfeier teilnehmen?

Sternberg: Ich möchte das im Moment nicht beantworten. Die Fragen, die da diskutiert werden, sind keine Petitessen. Aber jeden Sonntag müssen Tausende konfessionsverbundene Familien die Entscheidung treffen, welcher Gottesdienst besucht wird. Denen ist nur sehr schwer verständlich zu machen, wie die Feinheiten katholischen und evangelischen Amtsverständnisses aussehen.

Kirchentag unter Corona-Bedingungen: Macht Ihnen Ihre Aufgabe unter den aktuellen Umständen eigentlich Spaß?

Limperg: Es ist ein hartes Stück Arbeit und macht nicht immer Spaß. Uns drückt beide die Verantwortung, und das wird in den nächsten Monaten auch so bleiben. Wir haben aber ein ganz starkes Team. Es ist auch wieder schön, wenn man gemeinsam auf dem Berg steht und den Horizont sieht, nachdem der Nebel sich aufgelöst hat. Es macht mir Freude, weil dieser Kirchentag gerade in dieser Zeit so unbedingt lebensrelevant ist.

Sternberg: Es macht auch deshalb nicht immer Spaß, weil hier zwei Apparate und zwei Traditionen aufeinandertreffen. Hinter den Kulissen ist auch unter Personen, die sich gut verstehen, viel Abstimmung nötig. Mir macht es vor allem wieder mehr Spaß, wenn wir uns endlich wieder physisch treffen können.


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