Jürgen Telschow hat viel Sinn für Vergangenheit und Gegenwart
Als langjähriger Verwaltungsleiter, aber auch als Chronist der evangelischen Kirche in Frankfurt, ist Jürgen Telschow bekannt. Nicht zuletzt zeugt die vor einigen Jahren veröffentlichte dreibändige Frankfurter Kirchengeschichte davon. Am Donnerstag, 18. April 2024, 16.30 Uhr, geht es bei einer Veranstaltung des Vereins für Frankfurter Kirchengeschichte, dem evangelisch-lutherischen Predigerministerium, in der Heiliggeistkirche am Dominikanerkloster um seine Rolle als Historiker und Zeitzeuge.
Im Gespräch mit Michael Frase, ehemals Leiter der hiesigen Diakonie, im Ruhestand Nachfolger von Telschow im Vorsitz des Geschichtsvereins, und Prodekanin Amina Bruch-Cincar wird der gebürtige Potsdamer, der 1966 nach dem Juraexamen vom Evangelischen Regionalverband, vormals Gemeindeverband, eingestellt wurde, aus seinem Arbeitsleben und von seinen Erkenntnissen hinsichtlich der Entwicklung der Frankfurter Kirche, vor allem nach 1945, erzählen.
Es ist davon auszugehen, dass Jürgen Telschow faktenreich, besonnen und ziemlich uneitel berichten wird. Dieser Tage hat er zur Vorbereitung der Veranstaltung ein paar Dinge festgehalten: zu ersten Mitgliederbefragungen, zu Tagungshäusern, die hinzukamen und abgegeben werden mussten, zum Engagement der Frankfurter Kirche für die Versöhnungsarbeit mit Polen, zu Ausbau von Kinder- und Jugendarbeit, auch von seinem Engagement für Kreisau, dem Treffpunkt der NS-Widerständler rund um Helmuth James von Moltke, ist die Rede. Wie in seinen Büchern trägt Jürgen Telschow in dem Text Daten, Fakten und Kurzportraits zusammen.
Statt mit einem Resumee, endet das Manuskript mit Fragen an das Heute: Wie steht es um den Reformbedarf der Kirche? Wie gehen wir mit Flüchtlingen um? Wie behandeln wir Menschen in unserm Land, die anders sind als wir selbst? Wie gehen wir mit dem Krieg um? Fragen, die ihn über Jahrzehnte beschäftigt haben und es bis heute tun.
Auf Antworten verzichtet Telschow. Eine Essenz hat er jedoch: „Klaren Kopf behalten und beizeiten handeln.“ Hinzu fügt er: „Beides ist in einer demokratisch verfassten Organisation sehr schwer“. Allzu oft werde sehr emotional an die Dinge herangegangen. Das koste viel Zeit, wenn es darum gehe, zentrale Entscheidungen zu treffen.
Bei dem Begriff „aus der Geschichte lernen“ ist Jürgen Telschow zögerlich. Geschichtswissenschaft zu betreiben, aufschlussreich über den Pietisten Philipp Jakob Spener zu berichten, kenntnisreich die Rolle der Kirche beim Paulskirchenjubiläum darzulegen, Details über die Flüchtlinge, die aus Griechenland nach der Machtübernahme der Obristen kamen, weiterzugeben, ist das eine. Aber Lösungen für die Herausforderungen der Gegenwart zu suchen, etwas Anderes. „Da muss man immer wieder neu hinschauen.“
Im Arbeitsleben hat Jürgen Telschow das mit großem Einsatz und ohne ideologische Scheuklappen betrieben. Wenn „Menschen etwas wollten“, die Lebenssituation anderer verbessern, Entwicklungen voranbringen, das hat ihm, der in seiner ersten Zeit an der Spitze der Mitarbeitervertretung stand, gefallen.
Im Ruhestand hat der frühere Verwaltungsleiter sich höchstens zum Geschehen in der Frankfurter Kirche geäußert, wenn er gefragt wurde und dann auch sehr bedacht. Eigentlich hatte Telschow, der im Mai 88 Jahre alt wird und diesen Geburtstag zusammen mit seiner Frau begehen kann, seine Rolle gefunden: Als Unterstützer von Verbänden, darunter die Initiative für die heute in Polen liegende Jugendbildungsstätte Kreisau, als Historiker und im Verein für Kirchengeschichte – Evangelisch-lutherisches Predigerministerium.
Der Verein lädt am 18. April im Anschluss an die Gesprächsrunde zu einem Empfang ein. Frank Hoffmann, der Organist der Heiliggeistkirche, wird für den musikalischen Rahmen sorgen.