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Frankfurt und Offenbach gehören zusammen

Dass Frankfurt und Offenbach zwei getrennte Städte sind, ist zwar verständlich, aber trotzdem schlecht. Gut, dass die evangelische Kirche nun einen entscheidenden Schritt getan hat: Seit Januar existiert sie nur noch als „Frankfurt und Offenbach“, mit einem gemeinsamen Stadtdekanat und einem Regionalverband für beide Städte.

Blick von Offenbach auf die Frankfurter Skyline. Beide Städte haben unterschiedliche Traditionen, aber die Herausforderungen in der Region gelten für beide gleichermaßen. | Foto: Rolf Oeser
Blick von Offenbach auf die Frankfurter Skyline. Beide Städte haben unterschiedliche Traditionen, aber die Herausforderungen in der Region gelten für beide gleichermaßen. | Foto: Rolf Oeser

So richtig ist es nicht mehr zu verstehen, warum Frankfurt und Offenbach zwei verschiedene Städte sind. Ja, sie haben unterschiedliche Traditionen, und es gibt all die nur so halb lustigen Kalauer über gegenseitige Ressentiments. Aber ist das überhaupt die Realität?

Die evangelische Kirche hat nun einen entscheidenden Schritt getan und existiert seit Januar nur noch als „Frankfurt und Offenbach“, mit einem gemeinsamen Stadtdekanat und einem Regionalverband für beide Städte.

Die Größenverhältnisse sind allerdings recht unterschiedlich: In Frankfurt leben fast 120.000 Evangelische in 56 Kirchengemeinden, Offenbach hingegen hat nur 20.000 Evangelische in 11 Gemeinden. Dennoch ist die kleinere Stadt in mancher Hinsicht Vorreiterin. „Offenbach hat sich schon sehr viel früher darauf eingestellt, dass wir als Christinnen und Christen nur noch eine Minderheit sind“, sagt Ursula Schoen, die als zuständige Prodekanin Dienstvorgesetzte der Pfarrerinnen und Pfarrer und Ansprechpartnerin für die Gemeinden in Offenbach ist.

In Frankfurt stellen die Evangelischen noch 16 Prozent der Bevölkerung, in Offenbach sogar nur 13 Prozent, Tendenz sinkend. „Die Offenbacher Gemeinden arbeiten schon viel länger in übergemeindlichen Strukturen zusammen und kooperieren mit kommunalen Trägern und im interreligiösen Dialog“, sagt Schoen. Während Frankfurt immer von einer starken (und historisch lutherischen) Bürgerschaft dominiert war, sei Offenbach auch als Stadt traditionell vielfältiger, „kleinteiliger, weniger hierarchisch, stadtteilnah“.

In den vergangenen Jahren hat die Frankfurter evangelische Kirche zudem von der starken Gentrifizierung und von den vielen Neubaugebieten profitiert. Sie haben für einen Zuzug von jüngerer und teilweise evangelischer Bevölkerung gesorgt. In Offenbach hingegen ist dieser Effekt weniger stark, und der Traditionsabbruch, mit dem alle klassischen Institutionen zu kämpfen haben, macht sich dort sehr viel stärker bemerkbar.

Wie können christliche Überzeugungen vermittelt werden, wenn man sich dabei nicht mehr einfach darauf zurückziehen kann, die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich zu haben? „Wir werden uns was einfallen lassen in den nächsten Jahren, damit die gute Nachricht von Jesus Christus in unseren beiden Städten deutlich wird“, versprach Stadtdekan Achim Knecht den 176 Delegierten der Stadtsynode, von denen 147 aus Frankfurt, 29 aus Offenbach kommen. Der Propst für Rhein-Main, Oliver Albrecht, stellte in seiner Predigt im Gottesdienst zum Auftakt der Synode die christlichen Maßstäbe klar: „Wir müssen Gott nicht herbeiglauben, Gott ist schon da. Wir können Kirche groß denken.“

Um Offenbach in die Frankfurter Strukturen einzubinden, wurde der Vorstand von Stadtdekanat und Regionalverband um drei Mitglieder aus Offenbach erweitert: Den Juristen Martin Gegenwart (60), Pfarrerin Amina Bruch-Cincar (53) und Oberstudienrat Martin Camphausen (45).

Nicht nur die Kirchengemeinden müssen sich auf eine neue Situation einstellen, auch die Jugendarbeit, die Diakonie sowie andere übergemeindliche Angebote der Kirchen können in Zukunft größer denken. Probleme wie grassierende Wohnungsnot oder soziale Unterschiede zwischen Reich und Arm sind in beiden Städten ähnlich.

Der Haushalt des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt und Offenbach für 2019 umfasst 203 Millionen Euro. Davon entfallen allein 104 Millionen auf Kindertagesstätten und Krabbelstuben, weitere 50 Millionen auf soziale Arbeit, Bildung und Beratung.


Autorin

Antje Schrupp 240 Artikel

Dr. Antje Schrupp ist Chefredakteurin des EFO-Magazins. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com Mastodon: @antjeschrupp@kirche.social

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