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Feierliche Enthüllung der Gedenkplakette zur Frankfurter Konkordie

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Stadtdekan Holger Kamlah und Kämmerer Bastian Bergerhoff erinnern an christlichen Protest gegen NS-Regime

Stadtdekan Holger Kamlah und Stadtrat Bastian Bergerhoff enthüllten die Plakette zur Frankfurter Konkordie am 22. Mai am Wiesenhüttenplatz in Frankfurt  |  Foto: Rolf Oeser
Stadtdekan Holger Kamlah und Stadtrat Bastian Bergerhoff enthüllten die Plakette zur Frankfurter Konkordie am 22. Mai am Wiesenhüttenplatz in Frankfurt | Foto: Rolf Oeser

Am 15. und 16. Mai 1934 trafen sich im Haus Wiesenhüttenplatz 25, das damals das Hospiz Baseler Hof war, Karl Barth, zu der Zeit Professor in Bonn, der Hamburger Pastor Hans Asmussen und Oberkirchenrat Thomas Breit aus München, um eine theologische Basis zu formulieren für diejenigen, die sich nicht den Deutschen Christen anschließen und die evangelische Kirche nicht dem Führersystem eingegliedert und gleichgeschaltet wissen wollten. Ihre – vielleicht vor allem Karl Barths – Frankfurter Konkordie wurde die Grundlage für die Barmer Theologische Erklärung, die heute in vielen Kirchen Bekenntnisrang hat. Am Mittwoch, 22. Mai 2024, enthüllte der evangelische Stadtdekan von Frankfurt und Offenbach, Holger Kamlah, zusammen mit Kämmerer Bastian Bergerhoff, der unter anderem auch für die Dotationskirchen zuständig ist, eine Gedenkplakette an dem Haus am Wiesenhüttenplatz.

„Ich freue mich sehr, dass mit Dieter Zellweger heute ein Enkel Karl Barths anwesend ist“, sagte Kamlah, der zudem Regionalbischöfin Friederike Spengler, Erfurt, und Barbara Herfurth-Schlömer, Projektleiterin der Ausstellung „Gelebte Reformation. Barmer Theologische Erklärung“, Wuppertal-Barmen, sowie die Theologieprofessorin Christiane Tietz, Universität Zürich, begrüßen konnte.

Tietz hielt am Abend bei der Veranstaltung „Wir dürfen nicht schweigen. 90 Jahre Barmer Theologische Erklärung“ in der Evangelischen Akademie einen Vortrag und kam anschließend mit Spengler und Herfurth-Schlömer zu der Orientierungskraft der Barmer Theologischen Erklärung in den heutigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen, zum Beispiel angesichts der anstehenden Europawahl und der zunehmenden Gefahr des Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, ins Gespräch.

„Dass die Nazis sechs Millionen Jüdinnen und Juden planmäßig vernichten würden, dass sie weitere Personengruppen wie Sinti und Roma oder Homosexuelle ermorden, dass auch Personen, die schlicht christlich handelten, getötet werden würden, und dass die ganze Welt von den Nationalsozialisten in einen Krieg getrieben werden würde – das konnten Menschen, die von Humanität und Menschenachtung geleitet waren, kaum vorausahnen. Vermutlich konnten sie es sich einfach nicht vorstellen“, sagte der evangelische Stadtdekan in seiner Rede.

Dass die Barmer Theologische Erklärung keine These zur Würde, dem selbstverständlichen Lebensrecht und der von Gott gesegneten und geliebten Religion der Jüdinnen und Juden, Gottes erwählten Volkes, enthalte, sei eine Lücke. „Dass Jüdinnen und Juden gefährdet waren, war 1934 wohl durchaus abzusehen. Aber diese Gefahr stand auch innerhalb der Bekennenden Kirche nur im Blickfeld Weniger“, äußerte Holger Kamlah.

Beim Gedenken an die Frankfurter Konkordie und die Barmer Theologische Erklärung gehe es nicht um historisches Spezialwissen. Es gehe um Fragen, die sich ganz aktuell wieder stellten. Der Kompass scheine unserer Gesellschaft abhandengekommen zu sein, meinte Kamlah. Freiheit, Demokratie, Respekt, Menschenliebe und Barmherzigkeit gäben anscheinend zunehmend für weniger Bürgerinnen und Bürger die Richtung vor.

Plötzlich werde unverantwortliches Handeln, ja zutiefst Unmenschliches als legitim, gar als notwendig dargestellt. „Ist der Begriff der ,Re-Migration‘ nicht eigentlich ein Euphemismus für Deportation?“, gab Kamlah zu bedenken. Offener Antisemitismus sei spätestens seit dem Überfall der Hamas auf Israel und Israels Einmarsch und Krieg im Gazastreifen immer lauter und ungenierter zu hören. „Ich sage es hier noch einmal: Die Jüdinnen und Juden sind Gottes geliebtes und erwähltes Volk. Das Existenzrecht Israels steht außer Frage“, so Kamlah.

In einer so aufgewühlten und sich im schlimmsten Fall wieder verdunkelnden Zeit wie dieser helfe die Barmer Theologische Erklärung, den Weg nicht aus den Augen zu verlieren. Gerd Schröder-Lenz, im vergangenen Jahr in Nieder-Roden pensionierter Pfarrer, gebühre besonderer Dank für die Initiative zu dieser Gedenkplakette, die Annegreth Schilling von der Evangelischen Akademie und der Hoffnungsgemeinde sowie die persönliche Referentin des Stadtdekans, Maike Hofstetter, gerne mit umgesetzt haben.


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