„Die katholische Kirche hat nicht nur sich selbst, sondern das Christentum in eine Krise geführt“
Die Aufdeckung der Verbrechen, die katholische Amtsträger unter dem Schutz der Kirche an tausenden Kindern und jungen Menschen verübt haben, bringt den Vertrauensverlust in die christliche Religion auf ein neues Level.
Die evangelische Kirche hat sich bisher mit Kommentaren zu den Vorgängen weitgehend zurückgehalten. Vielleicht waren wir einfach ein bisschen froh, außerhalb der Schusslinie zu stehen. Im Vergleich zum Desaster bei den Katholiken, wirkten unsere eigenen Skandale – auch in der evangelischen Kirche gab es ja Missbrauchsanklagen, auch hier Versäumnisse bei der Aufklärung – kleiner. Auch sonst kommen wir immer etwas besser weg: Wir haben Frauen im Pfarramt, eine demokratische Struktur, eine differenziertere Haltung bei Themen wie Abtreibung, Homosexualität oder Sterbehilfe.
Tatsächlich bekunden laut aktueller Forsa-Umfrage immerhin 36 Prozent der Befragten ihr Vertrauen zur evangelischen Kirche, hingegen nur 15 Prozent zur katholischen. Aber seien wir ehrlich: Auch 36 Prozent sind keine gute Zahl. Die Krise der katholischen Kirche ist auch eine des Christentums generell. Sie untergräbt unser aller Glaubwürdigkeit, und am Ende sogar die des Evangeliums. Deshalb sind auch alle Christ:innen zur theologischen Reflektion, zum Handeln und zum Protest aufgerufen.
125 Mitarbeiter:innen der katholischen Kirche haben es vorgemacht. Unter dem Motto „Out in Church“ bekannten sie, schwul, lesbisch, trans oder queer zu sein. Sie riskieren viel, unter anderem die Kündigung. Die ARD hat einen Film über sie gedreht und zur besten Sendezeit ausgestrahlt.
Im Internet kann man auf www.outinchurch.de ihr Manifest nachlesen. Darin steht: „Wir tun dies auch für die Kirche. Denn wir sind davon überzeugt, dass nur ein Handeln in Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit dem gerecht wird, wofür die Kirche da sein soll: die Verkündigung der frohen und befreienden Botschaft Jesu.“ Dazu lässt sich nur sagen: Amen.
0 Kommentare
Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.