„Die Jugend fühlt sich im Stich gelassen!“
Als freier Träger der Jugendhilfe und Mitglied der AG §78 SGB VIII Kinder- und Jugendarbeit macht der Evangelische Verein für Jugendsozialarbeit auf den Beschluss und Appell des Ausschusses zur Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe in Frankfurt am Main aufmerksam. Der Jugendhilfeausschuss (JHA) hat in seiner Sitzung am 29. Januar 2024 einstimmig einen Appell an die Stadtverordnetenversammlung und den Magistrat beschlossen, die Haushaltsmittel im Bereich der präventiven Kinder- und Jugendhilfe ab dem Jahr 2024 um zusätzliche 26 Millionen Euro zu erhöhen – dauerhaft. „Der Finanzierung von Institutionen und Projekten, die Kinder und Jugendliche unterstützen und fördern, muss Priorität eingeräumt werden", verlangt der Evangelische Verein für Jugendsozialarbeit in Frankfurt am Main e.V..
Bereits im Januar 2022 forderte der JHA den Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung auf, keine Kürzungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vorzunehmen und die Investitionen in die Kinder- und Jugendhilfe den aktuellen Bedarfen entsprechend zu sichern. Leider ohne Erfolg. Bei einer Pressekonferenz des Frankfurter Jugendrings und der AG § 78 SGB VIII Kinder- und Jugendarbeit wurde deutlich, welche Folgen die Unterfinanzierung der Jugendhilfe nach sich ziehen.
Die Geschäftsführerin des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit, Miriam Walter, derzeit Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft AG §78 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, sagte gestern dazu: „Wir fordern den Erhalt der Kinder- und Jugendeinrichtungen auf Basis der Einrichtungen und Personalstellen aus dem Jahr 2012 und nicht den Ausbau der Kinder- und Jugendarbeit. Die Grundversorgung der Stadtteile und Sozialräume mit 127 Einrichtungen in freier Trägerschaft als niedrigschwellige Anlaufstellen für Kinder- und Jugendliche muss erhalten bleiben.“ Simone Koch, Geschäftsführung von KidS e.V. ergänzte: „Wenn wir uns fragen müssen, ob wir in diesem Jahr ,überleben' werden, dann ist es höchste Zeit, eine faire Finanzierung bereitzustellen.“
Im Koalitionsvertrag 2021 bis 2026 hat sich die Stadtregierung unter anderem vorgenommen: „Die Infrastruktur der offenen Kinder- und Jugendarbeit werden wir in der Stadt ausbauen. In jedem Stadtteil soll es die nötigen Angebote geben. Zu Kindern und Jugendlichen, die in der offenen Jugendarbeit betreut werden, sollen die Mitarbeiter*innen künftig auch in Pandemie-Situationen mit Kontaktbeschränkungen aktiv Kontakt halten und bei Bedarf Unterstützung einleiten können (…) Wir werden den derzeit in mehr als 40 Einrichtungen angebotenen ,Pädagogischen Mittagstisch' deutlich ausbauen.“ Wenn die notwendige Erhöhung von 26 Millionen Euro im Haushalt 2024 nicht umgesetzt wird, ist davon auszugehen, dass eine massive Zahl an Einrichtungen für Kinder- und Jugendliche schließt.
Maren Burkhardt vom Frankfurter Jugendring ergänzte: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Wir leisten eine qualitativ hochwertige Arbeit in den Einrichtungen der Jugendhilfe und haben natürlich ein großes fachliches Interesse, die Angebote weiterhin zu garantieren. Ohne eine auskömmliche Finanzierung ist das in der Form nicht mehr möglich.“ Miriam Walter betonte in diesem Zusammenhang weiter: „Wir wissen von Besuchern und Besucherinnen unserer Jugendzentren, dass sie große Ängste um ihre Zukunft haben: Hinsichtlich gesellschaftlicher, sozialer und kultureller Teilhabe. Diese konkreten Ängste, unter Umständen eine unerwünschte Person in diesem Land zu sein, werden durch das Fehlen von Angeboten oder von Beziehungsarbeit noch zusätzlich verstärkt. Die Bedarfe junger Menschen dürfen wir als (Stadt-) Gesellschaft nicht ignorieren. Die Not und Armut ist größer geworden, deshalb brauchen wir ein parteiübergreifendes Bündnis für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen.“
Die Angebote der Jugendhilfe sind fachlich in der Lage, auf diese Bedarfe einzugehen und Kinder und Jugendliche als Mitglieder unserer Gesellschaft zu stärken: Defizite können ausgeglichen, Begabungen gefördert und somit mehr Chancengerechtigkeit hergestellt werden; Auswirkungen von Armut können aufgefangen werden. Es können Räume und Settings angeboten werden, um Teilhabe zu ermöglichen, demokratische Einstellungen zu entwickeln und einzuüben.
Stadtschulsprecher Luka Ivanovic bringt es auf den Punkt: „Die Jugend fühlt sich im Stich gelassen. Es ist fatal, die Jugend als Zukunftsträger abzuhängen, obwohl die Zukunft von ihr abhängig ist!“
Den ganzen Text des Appells sowie Zahlen zur fehlenden Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe: hier downloaden.