Das evangelische Kirchenparlament berät über Stellenabbau in Frankfurt und Offenbach
„Jede Stellenkürzung tut weh“, versicherte der evangelische Stadtdekan von Frankfurt und Offenbach, Holger Kamlah, gestern Abend bei der Sitzung von evangelischer Stadtsynode und Regionalversammlung. Aber die Anforderungen im Rahmen des Reformprozesses ekhn2030 der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sind klar: 15 Prozent der Pfarrstellen müssen zum 31. Dezember 2027 abgebaut werden, weitere zehn Prozent sollen, so die Vorgabe der Landeskirche, bis zum 31. Dezember 2029 wegfallen. Neben den Kürzungen im Pfarrstellenplan, über die beraten, aber nicht beschlossen wurde, das steht erst im September an, hatten die ehrenamtlichen Vertreter:innen der Gemeinden und Pfarrer:innen im Großen Saal des Frankfurter Dominikanerklosters gestern auch Veränderungen in der gemeindepädagogischen Arbeit auf ihrer Agenda. Zu beschließen hatten sie bei der Tagung die Bauprioritäten des kommenden Jahres.
Weniger Pfarrstellen – mehr Kooperation
Die gemeindlichen Pfarrstellen in Frankfurt und Offenbach sollen von aktuell 68 auf 49,5 reduziert werden. Eine Stelle auf 2.400 Mitglieder lautet der Schlüssel. Die Stellen für Dekane, Dekaninnen, hauptamtliche Stellvertretungen, regionale Pfarrstellen, etwa in Kliniken sowie die Profil- und Fachstellen sollen auf 14,5 plus zwei Fachstellen beschränkt werden, bislang sind es 21 Stellen im dekanatsweiten Bereich.
Auf den ersten Blick kann der Stellenplan irritieren, da stehen bei mitgliederstarken Gemeinden, etwa Frieden und Versöhnung im Frankfurter Gallus, dass die gegenwärtig anderthalb Stellen wegfallen können. In Offenbach ist im Stellenplan die Schlossgemeinde Rumpenheim auf Null gesetzt zum Jahresende 2027. Hintergrund ist, dass zukünftig nicht mehr in Gemeindekategorien, sondern dem Reformprozess ekhn2030 entsprechend in Nachbarschaftsräumen gedacht wird. Für Frankfurt und Offenbach wurden im Sommer 2023 insgesamt zehn Nachbarschaftsräume beschlossen.
Zunächst sei bei dem Entwurf des Stellenplans geschaut worden, „wo lassen sich berufsbiografische Veränderungen nutzen, um Kürzungen vornehmen zu können. Das betraf dann Stellen, auf denen Kollegen und Kolleginnen in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen“, erläuterte die für Frankfurt-Nord-West zuständige Prodekanin Stefanie Brauer-Noss den Delegierten. Des Weiteren sei darauf geachtet worden, unbefristete Stelleninhaber:innen nicht zu versetzen. An wenigen Stellen sei das unter Abwägung der konkreten Situation vor Ort nicht gelungen. Mit der Qualität der geleisteten Arbeit habe dies jeweils nichts zu tun, betonte Stefanie Brauer-Noss.
Über die Versorgung mit Pfarrerinnen und Pfarrern in den Stadtteilen ist in den vergangenen Monaten bei zahlreichen Sitzungen und Beratungsgesprächen geredet worden, sie waren an diesem Abend weniger Thema als die regionalen Stellen. Zu den hier geplanten Änderungen gehört: die Profilstellen für Interreligiöses und Ökumene sollen zu einer, die Profilstelle für Gesellschaftliche Verantwortung halbiert werden. Neu im Stellenplan ist die halbe Pfarrstelle am Museumsufer und die Pfarrstelle für das stadtdekanatsweite Projekt „MainSegen“.
Warum die halbe Stelle für Stadtkirchenarbeit in der Alten Nikolaikirche auf dem Römerberg wegfallen solle, wurde von einer Vertreterin der Gemeinde kritisch angefragt. Gegenüber des Rathauses zeige die Sankt Paulsgemeinde hier Präsenz. Bei Kundgebungen, während des Weihnachtsmarktes, mit vielerlei Angeboten. Der in Bezug auf die Mitglieder kleine Nachbarschaftsraum Frankfurt-Innenstadt sei relativ gut ausgestattet mit Pfarrstellen, zu denen eine weitere für Stadtkirchenarbeit an Sankt Katharinen komme, erläuterte Stadtdekan Holger Kamlah.
Ein größerer Diskussionsanteil war der Klinik- und Altenheimseelsorge gewidmet, bei der es Einschnitte geben soll. Bei der Klinikseelsorge ist vorgesehen, von 10,75 auf acht Stellen zu reduzieren. Die Altenheimseelsorge, für die es Personal im Umfang von 1,25 Stellen gibt, soll entfallen. Manches Begleiten im Sterben werde in der gewohnten Form nicht mehr möglich sein, äußerte Stadtdekan Kamlah mit Bedauern. Gemeindepfarrer:innen deckten bereits heute einiges ab, im Frankfurter Süden und Westen beispielsweise gebe es schon jetzt keine Altenheimseelsorge. Der Stadtdekan erwähnte in der Debatte auch den Einbruch der Zahl der Theologiestudierenden. Er plädierte, „wir müssen ein neues Berufsbild Seelsorge schaffen“.
Zu den Verkündigungsteams der Nachbarschaftsräume gehören auch die Kirchenmusiker:innen und die Gemeindepädagogen und –pädagoginnen. Nach 2029 bleibt es bei der Kirchenmusik im Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach bei 14,5 hauptamtlichen Stellen. Prodekanin Amina Bruch-Cincar, zuständig für Süd-Ost und Offenbach und die Kirchenmusik, wies darauf hin: „Hauptberufliche Kirchenmusik ist im Stadtdekanat im Vergleich zur restlichen EKHN außergewöhnlich reichlich mit Stellen versehen. Kein anderes Dekanat hat annähernd so viele Stellen.“
Der gemeindepädagogische Dienst soll zwischen 2024 und 2029 von 17,5 auf 15 Stellen zurückgefahren werden. Traditionell ergänzt werden diese Angebote durch die Hauptamtlichen des Evangelischen Jugendwerks. Insgesamt 3,5 Stellen bringt das EJW ein, sie sollen vor allem im Frankfurter Norden zum Einsatz kommen. 2,75 davon werden durch EKHN und Evangelischen Regionalverband (ERV) finanziert. Piet Hennigsen, Geschäftsführer des Evangelischen Jugendwerks, begrüßte das Konzept für die Zusammenarbeit in den Nachbarschaftsräumen, er sieht es als Zeichen: „Wir denken evangelische Kirche gemeinsam.“ Bei sieben Gegenstimmen und 14 Enthaltungen stimmten die 98 Anwesenden der vorgesehenen Form der Zusammenarbeit zu.
Baumaßnahmen für die Jahre 2025 und 2026
Für 2025 sieht die Bauprioritätenliste der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach eine Gesamtsumme von 34.012.962 Euro vor. Der Ansatz für das Jahr 2024 lag bei 14.680.307 Euro. Die Vorhabenliste für 2025 sei nicht nur umfangreicher als im Vorjahr, auch 2026 werde weniger dafür anfallen, äußerte der Leiter der Bauabteilung Cornelius Boy in seiner Einführung.
47,4 Prozent der für das kommende Jahr eingeplanten Mittel, 16.136.637 Euro, werden für übergemeindliche Einrichtungen, Wohn- und Geschäftshäuser bereitgestellt. 32,2 Prozent, 10.952.120 Euro, sind für Kindertagesstätten und Krabbelstuben veranschlagt. An dritter Stelle stehen mit 14,5 Prozent, beziehungsweise 4.948.538 Euro, Ausgaben für Kirchen und Gemeindehäuser.
Die Steigerungen rühren vor allem aus Ausgaben für übergemeindliche Bauten und für Kindertagesstätten. Bei den Übergemeindlichen sind für dieses Jahr 4.793.825 Euro veranschlagt worden, für 2025 sind Ausgaben in Höhe von 16.136.637 Euro vorgesehen. Bei den Kindertagesstätten waren 2024 3.413.600 Euro eingeplant worden, im kommenden Jahr sind es 10.952.120 Euro.
Beispiele der vorgesehenen Maßnahmen: Die Sankt Katharinengemeinde plant an der Leerbachstraße im Frankfurter Nordend einen Ersatzbau für den Kindergarten, er wird die Erweiterung um zwei Gruppen ermöglichen. Zudem soll an der Stelle des Gemeindehauses an der Leerbachstraße ein neues Gebäude mit zwölf Wohnungen entstehen. Zu den größeren Vorhaben gehört die Renovierung des Gemeindehauses der Cyriakusgemeinde, Wolf-Heidenheim-Straße 7. In Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt und unter Einbindung des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit soll hier ein „Quartierszentrum Rödelheim“ entstehen.
Bei den Kirchen geht es vor allem um Sanierungsarbeiten, zum Beispiel sind für die Turmsanierung der 1961 errichteten Offenbacher Markus-Kirche 330.000 Euro veranschlagt, 250.000 Euro stehen bereit, um bei 15 bis 20 Kirchen die Dachtragwerke zu untersuchen. Zu den Pfarrhäusern, die saniert werden sollen, zählt das der Maria-Magdalena-Gemeinde an der Gutzkowstraße in Sachsenhausen, sowie das der Luthergemeinde an der Schopenhauerstraße im Frankfurter Nordend. Verschiedene Sanierungsarbeiten stehen bei den evangelischen Seniorenwohnanlagen in Frankfurt an, in Offenbach sind unter anderem 350.000 Euro für die Sanierung des Außenspielgeländes der Mirjamgemeinde an der Waldstraße eingeplant.
Bei zwei Enthaltungen nahmen die Delegierten die vorgeschlagene Bauprioritätenliste an.