Corona: Was passiert, wenn der Impfstoff kommt?
Für eine mögliche Impfung der Bevölkerung gegen das Coronavirus sind die Gesundheitsbehörden der Kommunen zuständig. Das bedeute eine große Herausforderung, wie René Gottschalk, der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamtes, gestern bei einem Informationsabend auf Einladung der Evangelischen Akademie und des Gesundheitskonzerns Agaplesion mitteilte. Die Veranstaltung wurde im Internet übertragen.
Voraussichtlich würden die Menschen eine Information vom Hausarzt oder der Hausärztin bekommen und müssten sich dann übers Internet anmelden, so Gottschalk. Neben Impfzentren seien auch mobile Impfeinheiten geplant, die etwa in Altenheimen gingen oder bettlägerige Menschen aufsuchten – eine Million Menschen leben in Deutschland in den 14.000 Altenheimen.
Im Frankfurter Stadtgesundheitsamt habe man einen eigenen Planungsstab eingerichtet, um die logistischen Herausforderungen zu bewältigen. „Es ist eine riesige Anstrengung und der Zeitdruck ist enorm“, sagte Gottschalk. Er gehe davon aus, dass man die Impfzentren mindestens ein halbes Jahr betreiben müsse. Dafür benötige man auch Personal: „Das wird ehrenamtlich nicht gehen.“
Es sei falsch zu glauben, dass mit der Verfügbarkeit eines Impfstoffes die Sache Corona erledigt sei. „Es wird lange dauern bis wir durchgeimpft haben“, sagte Gottschalk. Für einen effektiven Gemeinschaftsschutz, die so genannte Herdenimmunität, müssten 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Deshalb müsste ein Mund-Nasenschutz noch lange getragen werden.
„Ohne Impfung werden wir nicht wieder normal leben können“, betonte auch Sabine Wicker, die stellvertretende Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (Stiko). Die Impfstoffe seien sicher und effektiv. Die Gründe der so genannten „Impfgegner:innen“, sich nicht impfen lassen zu wollen, seien allergrößtenteils irrational, betonte auch René Gottschalk. Solche Diskussionen würden allerdings die Bevölkerung verunsichern.
Eine Impfpflicht schlossen alle auf dem Podiums jedoch aus. Zumal nach Empfehlung des Deutschen Ethikrates und der Stiko ohnehin zuerst einmal die vulnerablen Gruppen und Personen geimpft werden sollen, also besonders gefährdete Menschen, wie die Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen. Auch das sei schon viel: Fünf Millionen Menschen arbeiten in Deutschland im Gesundheitswesen, wie Sabine Wicker betone. Auch hier werde es daher zunächst Prioritäten geben: „Der Psychologe in der Reha-Klinik hat ein anderes Ansteckungsrisiko als die Schwester auf der Intensivstation.“
Die Verteilung eines Impfstoffes sei eine Frage der Gerechtigkeit und der Solidarität. Dies gelte auch für die weltweite Verteilung. Es dürfe nicht sein, dass ärmere Länder „hinten runterfallen“, warnte Gottschalk.
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