50 Jahre CSD: „Schade, dass wir die einzigen sind“
Bemalte Körper, jede Menge Glitzer und Glamour – neben der alljährlichen Christopher Street Day-Parade wirken Faschingsumzüge geradezu bieder. Wenn das queere Völkchen durch die Straßen zieht, verwandelt sich die Frankfurter Innenstadt in eine Partymeile. Auch dieses Jahr werden am vorletzten Juliwochenende wieder Tausende für ausgelassene Stimmung sorgen.
Mittendrin wie immer die Gemeinde Frieden und Versöhnung mit Frontmann Nulf Schade-James. „So gut können Pfarrer aussehen“ stand voriges Jahr auf seinem Shirt. Dass er in Frankfurt der einzige ist, der das beim CSD unter Beweis stellt, bedauert Schade-James allerdings. „Wir sind nicht nur die einzige Kirchengemeinde, sondern die einzige religiöse Gruppe überhaupt auf der Parade.“ Zum Umzug rücken aus dem Gallus in der Regel mehr als dreißig Frauen und Männer samt der 9,5 mal 15 Meter messenden Regenbogenfahne an – es ist die größte auf der Parade.
Dieses Mal ist ein rundes Jubiläum zu feiern: Der Aufstand in der New Yorker Christopher Street, der den CSD-Paraden ihren Namen gab, liegt genau ein halbes Jahrhundert zurück: Am 28. Juni 1969 hatten sich in der Bar „Stonewall Inn“ erstmals Schwule, Lesben, Transpersonen und Queers gegen polizeiliche Razzien und gewalttätige Übergriffe gewehrt, die Straßenschlachten dauerten Tage. In Frankfurt ist die CSD-Parade, die daran erinnert, seit 1992 zu Hause und bildet den Höhepunkt eines dreitägigen Festes an der Konstablerwache.
Gerade angesichts der jüngsten Entwicklungen hält Schade-James es für wichtig, mit dem Umzug deutliche Zeichen zu setzen: Seit dem Erstarken von Rechtspopulisten ist selbst in demokratischen Staaten wieder ein Rückschritt in Sachen Menschenrechte für Homosexuelle zu verzeichnen. „Das macht mir richtig Angst“, sagt er.
In 13 Ländern werde Homosexualität sogar mit der Todesstrafe geahndet – alles muslimisch regierte Länder. Leider würden sich auch hierzulande nur wenige liberale Muslime bei diesen Themen deutlich dagegen positionieren. Auf der anderen Seite attackieren ihn Schwule, weil er überhaupt noch mit Muslimen redet.
In dieser unguten Gemengelage empfindet Nulf Schade-James die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau mit ihrer liberalen Haltung geradezu als Lichtblick. „Ich habe mich früher als schwuler Theologe oft verloren und verlassen gefühlt“, erinnert er sich. Das sei heute nicht mehr der Fall, weder in Kirche noch Gesellschaft. „Hoffentlich bleibt das so.“
1 Kommentar
Ich möchte darauf hinweisen, dass es zum Frankfurter CSD drei Gottesdienste gibt und beim Straßenfest seit Jahren einen gemeinsamen Stand der christlichen Initiativen Rhein-Main. Also abseits der Parade viel Community, Seelsorge, Aufklärung, Beratung und einfach Präsenz. Nulfs Engagement in allen Ehren, aber das Wort „einzig“ scheint mir hier unangebracht.